
In Köln werden sich die Verantwortlichen wohl gerade mächtig in den Hintern beißen. Sie werden sich immer wieder diese eine Frage stellen: Warum haben wir Uwe Krupp nicht schon früher verpflichtet? Der ehemalige Kölner und Berliner Chefcoach hat die Kölner Haie wieder zurück in die Erfolgsspur gebracht, die 17 Spiele andauernde Niederlagenserie beendet und seine ersten vier Spiele als neuer alter Trainer siegreich gestaltet. Einen Spieltag vor dem Ende der diesjährigen Hauptrunde haben die Domstädter nur noch vier Zähler Rückstand auf den Zehnten Augsburg, dort wo die Haie am Sonntag zu Gast sind. Es hätte DAS Endspiel um Platz Zehn sein können.
So haben die Haie ihr letztes Heimspiel der DEL-Saison 2019/2020 vor 16.137 Zuschauern in der Lanxess-Arena mit 5:3 (2:0,0:0,3:3) gegen die Eisbären Berlin gewonnen und einen versöhnlichen Abschied mit den eigenen Fans gefeiert. Die Hauptstädter hinterlassen dagegen weiterhin Fragezeichen so kurz vor dem Beginn der Playoffs.
Die Berliner, welche auf Justin Pogge, John Ramage und Maxim Lapierre freiwillig und auf PC Labrie (dritte Disziplinarstrafe) unfreiwillig verzichten mussten, fanden schwer ins Spiel, kamen erst im weiteren Spielverlauf besser ins Spiel und brachten sich im Schlussdrittel dann auch dreimal auf den Videowürfel. Aber in den gesamten 60 Minuten kassierte man erneut zu viele Strafzeiten, Jonas Müller sogar eine Spieldauer, welche allerdings gerechtfertigt war. Dabei hatte Chefcoach Serge Aubin nach dem Schwenningen-Spiel auf der Pressekonferenz noch gesagt, man müsse die Strafzeiten dringend reduzieren. Nur hat er das auch seiner Mannschaft gesagt? Dem Spiel zu Folge kann die Antwort nur nein lauten. Es muss die Frage gestellt werden, wie das erst werden soll, wenn es um richtig etwas geht? Sind wir mal ehrlich, das Spiel heute hatte für beide Mannschaften keine wirklich große Bedeutung. Ja, Köln wollte sich mit einem Sieg von den enttäuschten Fans verabschieden. Aber die Eisbären hatten eigentlich nur noch theoretische Chancen auf Platz Zwei oder Drei. Warum man dann also in so einer Partie derart viele Strafzeiten nimmt, muss man den Fans erst einmal erklären.
Den Beginn in dieses bedeutungslose Spiel verschlief man schon einmal. Köln kam frischer und aktiver aus der Kabine, bestimmte das Spiel in der Anfangsphase. Und schon nach drei Minuten ließ man die Haie-Fans ein erstes Mal an diesem Abend jubeln. Ex-Eisbär Alexander Oblinger machte die Scheibe hinter dem Tor fest, spielte sie vors Tor in den Slot, wo Zach Sill lauerte. Dieser hatte zu viel Platz, nahm den Pass direkt und nagelte den Puck unter die Latte – 0:1 (3.).
Die Hauptstädter hatten ihren ersten Abschluss nur eine Minute später, dieser hatte es aber in sich. Kai Wissmann hatte von der blauen Linie abgezogen, Louis-Marc Aubry fälschte den Schuss vor dem Tor noch ab und lenkte ihn so an die Latte. Glück für die Hausherren. Die bestimmten danach aber wieder das Geschehen auf dem Eis, störten die Berliner mit ihrem aggressiven Forechecking früh im Spielaufbau. Ihre Chancen konnten die Haie aber nicht nutzen.
Mitte des ersten Drittels wurden die Eisbären dann aktiver und etwas besser, aber Aubry scheiterte freistehend vor Hannibal Weitzmann am selbigen, James Sheppard schoss kurz danach knapp am Tor vorbei. Aber die Kölner hatten weiterhin die besseren Chancen. Freddy Tiffels verlud Sebastian Dahm im Eisbären-Tor, doch sein Schuss ging letztendlich nur an den Pfosten. Eine Minute später zielte Oblinger genauer. Die Domstädter kamen schnell ins Angriffsdrittel, Tiffels diesmal als Vorlagengeber mit dem Querpass auf Oblinger. Der nahm den Puck an und versenkte ihn eiskalt im Berliner Tor – 0:2 (14.).
Die Eisbären dann mal mit einer Überzahlgelegenheit gegen das schlechteste Unterzahlspiel der Liga, aber selbst dieses konnte man nicht überwinden. Doch eine Chance sollte sich den Eisbären noch bieten. Frank Hördler schickte kurz vor der Pause Lukas Reichel mit einem klasse Pass auf die Reise, Pascal Zerressen konnten den Youngster nur per Beinstellen stoppen. Die beiden Hauptschiedsrichter Lasse Kopitz und Gordon Schukies entschieden folgerichtig auf Penalty, zu dem Reichel selbst antrat, aber an Hannibal Weitzmann im Kölner Tor scheiterte. So lagen die Berliner nach dem ersten Drittel mit 0:2 in Köln hinten.
Kapitän André Rankel mit seiner Analyse zu den ersten 20 Minuten bei Magenta Sport:
Wir haben die ersten zehn Minuten nicht Eishockey gespielt. Wir waren nicht aggressiv genug, haben uns nicht unterstützt, sind nicht gelaufen. Wir wollten es ein bisschen zu einfach. Wir wollen uns gut auf die Playoffs vorbereiten, 40 Minuten heute und ein Spiel haben wir dafür noch Zeit. Du willst dich vorbereiten, willst im Rhythmus bleiben, die Kleinigkeiten richtig machen. Das haben wir in den ersten zehn Minuten nicht gemacht.
Ins Mitteldrittel fanden die Berliner dann besser als noch zu Beginn des Spiels. Sie waren präsenter und hatten Zug zum Tor. Doch danach nahm man wieder zu viele Strafzeiten. Genau das, was man eigentlich abstellen wollte, passierte heute schon wieder. In einem eigentlich bedeutungslosen Spiel.
Aber das Penaltykilling bewies einmal mehr, dass es sehr gut funktioniert. Und mit einem Mann weniger hatte man zum Beispiel auch Chancen, so traf Landon Ferraro bei einem Zwei-auf-Eins-Konter nur die Latte. Aber auch Köln hatte durchaus Chancen, die beste durch Colin Ugbekile, aber Sebastian Dahm war mit dem Schoner zur Stelle und parierte diesen Schuss sehr stark.
Gegen Ende des Mitteldrittels kassierte Eisbären-Verteidiger Jonas Müller vollkommen zu Recht eine Spieldauerdisziplinarstrafe nach einem Check gegen den Kopf des Kölner Verteidigers Kevin Gagné. Dieser Check könnte unter Umständen noch eine Sperre der DEL nach sich ziehen, was im Hinblick auf die Playoffs natürlich nicht so gut wäre. Aber das Penaltykilling der Eisbären funktionierte weiterhin, viel ließen sie nicht zu, auch nicht beim 72 Sekunden langen doppelten Unterzahlspiel.
Und vorne vergaben die Hauptstädter in diesem Drittel auch noch beste Möglichkeiten. Austin Ortega zum Beispiel, welcher völlig frei vor Weitzmann stand, sich die Ecke aussuchen konnte, aber drüber schoss. Und Marcel Noebels probierte es auf die kurze Ecke, aber Weitzmann parierte diesen Schuss irgendwie.
So stand es also auch nach 40 Minuten immer noch 2:0 für die Haie.
Zu Beginn des Schlussdrittels hatten die Domstädter noch 50 Sekunden Überzahl von der Spieldauer gegen Müller, aber sie konnten keinen Nutzen daraus ziehen. Und dann waren die Eisbären plötzlich wieder im Spiel. Innerhalb von 79 Sekunden glichen die Berliner aus. Zunächst war es Leo Pföderl gewesen, der auf 1:2 verkürzen konnte (44.). Er hatte den Angriff selbst eingeleitet, nach einem Schuss von Frank Hördler legte Top-Scorer Marcel Noebels die Scheibe hoch zur blauen Linie, wo Mark Olver lauerte und abzog. Weitzmann konnte nicht festhalten und plötzlich lag die Scheibe vor der Torlinie, für Pföderl keine große Aufgabe, sie über selbige zu schießen.
Für den Ausgleich sorgte dann Youngster Sebastian Streu, welcher einen Querpass von Landon Ferraro direkt nahm – 2:2 (45.).
Die Eisbären also mit dem schnellen Doppelpack, doch die Hausherren waren keinesfalls geschockt, schlugen bei Vier-gegen-Vier auf dem Eis zurück. Moritz Müller hatte abgezogen, Jon Matsumoto fälschte vor dem Tor ab und der Puck rutschte Dahm durch. Zunächst hatten die Schiedsrichter auf dem Eis auf „kein Tor“ entschieden, revidierten diese Entscheidung dann aber und blieben nach Ansicht des Videobeweises auch dabei – 2:3 (48.).
Und Köln hätte nachlegen können, war erneut mit zwei Mann mehr auf dem Eis, wenn auch nur für 15 Sekunden. Aber sie nutzten erneut ein Powerplay nicht. Und so mussten sie sechs Minuten vor dem Ende des Spiels den erneuten Ausgleich hinnehmen. Florian Kettemer mit einem Sahne-Pass an den langen Pfosten, wo Sebastian Streu lauerte und zum 3:3 einnetzen konnte (54.). Der erste Doppelpack von Streu in der DEL. Herzlichen Glückwunsch dazu!
Aber den Doppelpack mit einem Sieg vergolden konnte Streu leider nicht. Weil die Eisbären ein Überzahlspiel ungenutzt ließen und direkt nach Ablauf des Powerplay abermals in Rückstand gerieten. Pascal Zerressen kam von der Strafbank zurück, marschierte über rechts ins Angriffsdrittel und schlenzte die Scheibe ins lange Eck – 3:4 (58.). Sebastian Dahm stand da viel zu weit vor seinem Tor und versuchte dann auch nicht mehr den Schuss zu halten. Das Ding muss er sich ankreiden lassen.
Nun nahmen die Dinge ihren Lauf. Auszeit von Serge Aubin und Goalie Dahm zu Gunsten eines sechsten Feldspielers vom Eis. Die Haie eroberten die Scheibe und Ex-Eisbär Marcel Müller versenkte sie 94 Sekunden vor dem Ende im verwaisten Berliner Tor – 3:5 (59.).
Eine Niederlage, welche die Problemzonen der Eisbären vor dem Playoff-Start noch einmal aufgedeckt hat. Sie nehmen zu viele Strafzeiten, sie spielen nicht über 60 Minuten konzentriertes Eishockey, mal nutzen sie ihre Chancen eiskalt, mal nicht. Solche Fehler werden in den Playoffs gnadenlos bestraft.
Was wiederum Hoffnung macht, ist diese unglaubliche Moral der Eisbären. Diese hat man im Schlussdrittel wieder gesehen, als man ein 0:2 und 1:3 jeweils egalisierte. Aber durch individuelle Fehler gab man das Spiel dann doch noch aus der Hand. Insofern sollte dieses Spiel Warnung und Hoffnung zugleich sein. Wenn man die Sachen, die noch nicht rund laufen, abstellt, dann kann es weit gehen in den Playoffs. Denn egal wie es steht, diese Mannschaft gibt nie auf und kämpft immer bis zum bitteren Ende. Nur leider stellt sie sich manchmal auch selbst ein Bein und macht sich somit das Leben unnötig schwer.
Jetzt hat man noch ein Spiel, um an diesen Dingen zu feilen und dabei sollte man dieses Spiel auch wesentlich ernster nehmen als das heutige. Denn die Fischtown Pinguins Bremerhaven könnten im Viertelfinale der Gegner der Hauptstädter sein. Neben den Jungs von der Küste kommt übrigens nur noch die Düsseldorfer EG als Gegner in Frage.
Sebastian Streu war nach seinem ersten Doppelpack in der DEL natürlich glücklich, aber noch mehr hätte er sich über einen Sieg in der Domstadt gefreut:
Es ist schon ein schönes Gefühl, der erste Doppelpack in der DEL. Aber wir haben leider den Sieg nicht dazu geholt. Aber wir haben den vierten Platz gesichert und die letzten 40 Minuten gut gespielt. Doch die ersten 20 Minuten haben wir verschlafen und uns somit selbst in den Fuß geschossen.


Mein erster Gedanke zum Spiel gegen Schwenningen war dieser gewesen: „








Dieses Spiel hat bereits Lust auf die Playoffs gemacht. Da werden wir genau solche hart umkämpften und torarmen Spiele erleben. Und wenn man dort nicht über die gesamte Spielzeit fokussiert und frei von Fehlern ist, wird man den Preis dafür bezahlen. So hat es auch Eisbären-Chefcoach Serge Aubin gestern nach der 1:2-Heimniederlage n.V. gegen die Düsseldorfer EG gesehen. Er war zwar sehr, sehr zufrieden mit dem Einsatz seiner Mannschaft, aber bemängelte eben auch, dass man nicht über die 62 Minuten fokussiert war. Und in der Verlängerung traf man eine falsche Entscheidung, welche letztendlich zur Niederlage führte. Und dazu, dass die Rheinländer den Rückstand auf vier Zähler verkürzen konnten. Dennoch haben die Berliner nach wie vor alles in der eigenen Hand, schließlich steht ja noch das Nachholspiel gegen Schwenningen an. Wenn man dort gewinnt, sollte Platz Vier sicher sein. Aus dem gestrigen Spiel können die Eisbären auf jeden Fall viel lernen, wie es Serge Aubin sagte. Denn es war definitiv ein gutes Spiel der Eisbären, welche im weiteren Spielverlauf aber den Fuß vom Gas nahmen, wie es Aubin analysierte. Und genau das darfst du dir in den Playoffs nicht leisten. Denn dann zahlst du den schmerzhaften Preis dafür.













Die Ausgeglichenheit der Angriffsreihen der Eisbären Berlin könnte zum größten Trumpf in den Playoffs werden. Waren die Berliner in den letzten Jahren meist abhängig von der einen Top-Reihe, um erfolgreich zu sein, so sind sie in diesem Jahr weitaus schwerer auszurechnen. Denn von allen vier Reihen geht inzwischen Gefahr aus, jede Reihe kann Tore schießen und somit Spiele entscheiden. Und es muss eben nicht immer die Top-Reihe um Marcel Noebels, James Sheppard und Leo Pföderl sein. Diese war laut Trainer Serge Aubin heute nicht so gut, haben die Mannschaft dafür aber über weite Strecken der Saison getragen. Und genau in solchen Momenten braucht man laut Aubin eben die anderen Mannschaftsteile, die dann in die Bresche springen und für den Sieg sorgen. So geschehen am Dienstagabend, als die Hauptstädter die Iserlohn Roosters mit 4:2 (1:1,2:0,1:1) besiegten und damit den vierten Erfolg in Serie feierten. Während die Top-Reihe blass blieb, traf aus allen anderen drei Angriffsreihen je ein Stürmer, Mark Olver dabei als Matchwinner sogar doppelt. So tief besetzt und schwer ausrechenbar waren die Berliner lange nicht mehr, was in Richtung Playoffs viel Hoffnung auf eine sehr lange Saison macht.



Es gibt Siege, die schmecken Eisbären-Fans besonders gut. Richtig gut. Solche Siege wie gegen den Erzrivalen aus Mannheim nämlich und wenn man deren Fans dann auch noch den Sonderzug kaputt macht, ist es umso schöner. Heute Mittag war mal wieder einer dieser Tage. Die Adler Mannheim waren zu Gast in der ausverkauften Mercedes-Benz Arena und wurden mit einer Niederlage Richtung Kurpfalz geschickt. Am Ende setzten sich die Eisbären Berlin mit 4:3 n.V. (1:1,2:1,0:1/1:0) gegen die Adler Mannheim durch und verteidigten damit souverän ihren vierten Platz in der DEL-Tabelle. Und sie setzten eine Duftmarke in Richtung Playoffs, wo man sich ja erneut treffen könnte. Wenn es nach Jonas Müller geht, dann am liebsten im Finale, wie er nach dem Spiel in der Mixed-Zone sagte.


