Das haben sich die Eisbären Berlin sicherlich ganz anders vorgestellt. Der DEL-Rekordmeister unterlag am Sonntagnachmittag vor 5.025 Zuschauern in der Arena Nürnberger Versicherung den Thomas Sabo Ice Tigers mit 3:4 (2:2,0:2,1:0) und legte somit nach dem 2:4 vom Freitagabend gegen Meister München einen Null-Punkte-Saisonstart hin. Wie am Freitag war auch heute wieder die Chancenverwertung u.a. der Knackpunkt, welcher am Ende den Ausschlag gegeben hat. Während die Eisbären 36 Torschüsse abfeuerten, gab Nürnberg nur 26 ab, traf dabei aber sogar noch einmal mehr.
Die Eisbären mussten gleich auf sechs Stammspieler verzichten. Neben den bereits am Freitag fehlenden Marvin Cüpper, Frank Hördler, Constantin Braun, Florian Busch und Marcel Noebels fiel heute nun auch noch Thomas Oppenheimer aus, welcher sich gegen München schwer verletzt hatte und bereits operiert wurde. Maximilian Franzreb hütete erneut das Berliner Tor.
Hinein in den 100. DEL-Vergleich zwischen den Franken und den Berlinern, welche sich in der vergangenen Saison zehnmal gegenüber standen. Viermal verließen die Eisbären das Eis als Sieger, alle Siege gelangen dabei im Playoff-Halbfinale. Nürnberg brennte also auf Revanche.
Die Eisbären kamen gut rein ins Spiel, entfachten sofort viel Druck und brachten die Scheibe immer wieder zum Tor. Schon nach 30 Sekunden hatte Jamie MacQueen einen Schuss von Sean Backman vor dem Tor gefährlich abgefälscht.
Die Eisbären gaben also in der Anfangsphase den Ton an, doch Nürnberg sorgte für das erste Tor an diesem Nachmittag. Patrick Reimer fuhr mit der Scheibe über die blaue Linie ins Angriffsdrittel, zog ab, sein Schuss wurde von Florian Kettemer abgefälscht, so verlor Franzreb die Scheibe aus den Augen und letztendlich fand er sie in seinem Tor wieder – 0:1 (4.). Ein äußerst unglückliches Gegentor für die Mannschaft von Coach Clément Jodoin.
Neun Minuten waren gespielt, als die Berliner erstmals in Unterzahl ran mussten. Bereits da Nürnberg mit guten Gelegenheiten, aber ohne Glück im Abschluss. Als die Eisbären wieder komplett waren, klingelte es dann aber doch im Tor. Jason Bast hatte von der blauen Linie abgezogen, Franzreb konnte den Schuss zwar parieren, aber Chris Brown konnte so lange nachstochern, bis die Scheibe über die Linie ging – 0:2 (11.). Jonas Müller versuchte zwar den Gegentreffer zu verhindern, aber eher halbherzig als entscheidend.
Als die Berliner ihre erste Überzahl der Partie hatten, sollte es ganze neun Sekunden dauern. Jamie MacQueen spielte James Sheppard hinter dem Tor an, der wurde nicht angegriffen, fuhr vors Tor und überwand Niklas Treutle – 2:1 (18.).
Kurz vor der ersten Pause das zweite Überzahlspiel für die Eisbären und erneut zappelte die schwarze Hartgummischeibe im Nürnberger Tor. Über Micki DuPont und Danny Richmond kam die Scheibe zu James Sheppard, welcher von der rechten Seite die Scheibe vor das Tor brachte und wo sie Tyler Aronson unglücklich über die eigene Linie bugsierte – 2:2 (20.). So stand es auch zur ersten Drittelpause nach diesen 20 sehr aufregenden Minuten im Frankenland.
Zwei Minuten waren im zweiten Drittel gespielt, als Patrick Reimer erneut zum Abschluss kam, mal wieder wurde sein Schuss abgefälscht, aber Maximilian Franzreb, der bereits auf dem Weg in die andere Ecke war, bekam die Fanghand doch noch an den Puck. Starker Save des jungen Goalies.
Direkt im Gegenzug eine gute Chance für die Gäste aus der Hauptstadt. Jonas Müller hatte abgezogen, Treutle konnte nur prallen lassen und Brandon Ranford schoss die Scheibe am halbleeren Nürnberger Tor vorbei.
Dann kam es zur einer spielentscheidenden Phase. Nürnbergs Eugen Alanov mit einem harten Stockcheck gegen Jonas Müller, welcher blutend vom Eis musste, kurze Zeit später aber wieder mit von der Partie war, bekam eine Spieldauerdisziplinarstrafe. Da allerdings auch Micki DuPont eine Zwei-Minuten-Strafe bekam, hieß es zunächst zwei Minuten 4-gegen-4, wo die Berliner schon zwei gute Möglichkeiten durch Kai Wissmann hatten. Bei der folgenden dreiminütigen Überzahl schossen die Eisbären aus allen Rohren, Niklas Treutle musste mehrfach seine Klasse beweisen. Die Eisbären gaben alles, wollten mit aller Macht die Führung erzielen, aber es gelang ihnen weder in diesem Überzahlspiel noch im direkt darauffolgenden nächsten Powerplay. Fünf Minuten in Folge ein Mann mehr auf dem Eis, zahlreiche Möglichkeiten, aber kein Tor. Das rächt sich immer im Sport. So auch heute.
Shawn Lalonde brachte die Scheibe Richtung Tor, davor blieb sie jedoch hängen und kam irgendwie zu Chris Brown, welcher das halbleere Tor vor sich hatte und sich im Gegensatz zu Ranford die Chance nicht nehmen ließ – 2:3 (31.).
Und das Lalonde einen gewaltigen Schlagschuss hat, sollte man in Berlin eigentlich wissen, schließlich spielte er mal in der Hauptstadt. Den ersten Kracher konnte Franzreb noch parieren, gegen den zweiten Gewaltschuss war der junge Goalie dann aber machtlos – 2:4 (37.).
Unfassbar, die Eisbären mit Chancen über Chancen, doch Nürnberg lag nach 40 Minuten durch ihre gnadenlose Effektivität zwei Tore vorne.
Die Eisbären mussten also im Schlussdrittel noch einmal alles geben, um hier erneut zurückzukommen. Und sie waren auch bemüht, suchten immer wieder den Weg Richtung Niklas Treutle, es fehlte aber weiterhin am Glück im Abschluss. Nürnberg hatte zwischenzeitlich mal ein Powerplay, aber die Unterzahl überstanden die Berliner schadlos.
Nürnberg lauerte nun natürlich auf Konter und Jason Bast hatte so einen, lief alleine auf Franzreb zu, aber der junge Goalie behielt die Nerven und parierte den Alleingang sehr stark.
Acht Minuten vor dem Ende kehrte die Hoffnung ins Eisbären-Lager zurück. Der bisher sehr starke Neuzugang Florian Kettemer mit einem starken Aufbaupass aus dem eigenen Drittel auf Colin Smith, welcher die Scheibe gleich weiter leitete zu Kumpel Brandon Ranford, der zog vor das Tor und guckte Treutle aus – 3:4 (52.).
In den letzten Minuten warfen die Berliner noch einmal alles nach vorne, hatten die letzten zwei Minuten nochmal einen Mann mehr auf dem Eis, nachdem Franzreb sein Tor zu Gunsten eines sechsten Feldspielers verlassen hatte. Aber es sollte nichts werden mit dem Ausgleich, Nürnberg brachte das knappe 4:3 über die Zeit.
Und wieder eine Niederlage, die eigentlich unnötig war, aber erneut die Baustellen der Eisbären offen legt. Sie spielen kein schlechtes Eishockey, bringen die Scheiben immer wieder gefährlich zum Tor, erarbeiten sich immer wieder gute Chancen, aber sie machen einfach zu wenig aus ihren teilweise großen Chancen. Und auch wenn man die ersten beiden Überzahlspiele heute genutzt hatte, so muss man auch das Powerplay heute wieder kritisieren. Denn wenn man bei fünf Minuten in Folge (!) mit einem Mann mehr auf dem Eis kein Tor zu Stande bekommt, muss man sich am Ende nicht über die Niederlage beschweren. Zur Verteidigung muss man aber sagen, dass Treutle im Nürnberger Tag auch einen echt guten Tag erwischt und die Chancen somit immer wieder zu Nichte gemacht hat. Dennoch sollte bei einem so langen Powerplay ein Treffer bei raus springen. Zumal Nürnberg danach zweimal eiskalt vor dem Tor zuschlug und zeigte, wie wichtig Effektivität in dieser Liga ist.
Auf das Trainerteam der Eisbären kommt eine weitere Woche mit viel Arbeit zu, denn nun steht man bei sechs Pflichtspielen und sechs Niederlagen. Damit dürfte man in der Hauptstadt keinesfalls zufrieden sein.