Eisbären Berlin: Sorgt die neue Defensive für mehr Torgefahr von der blauen Linie?

Die ersten beiden Pflichtspiele der Saison 2022/2023 sind absolviert und die Eisbären Berlin haben einen Sieg (8:2 in Grenoble) eingefahren und eine Niederlage (1:7 bei Frölunda) kassiert. 9:9-Tore stehen somit  nach zwei Champions-Hockey-League-Spielen für die Berliner zu Buche. Neun Gegentore nach zwei Spielen sind dabei sicherlich nicht nach dem Geschmack von Trainer Serge Aubin, wenn gleich man gestern neidlos anerkennen musste, wie stark das schwedische Eishockey ist. Da lagen schon ein, zwei Klassen zwischen beiden Mannschaften. Dennoch hätte man es besser verteidigen können, das gaben auch die Spieler nach dem Spiel zu. Ob man aus den Fehlern gelernt hat, wird sich am Donnerstabend zeigen, wenn Göteborg in Berlin zu Gast ist. Dann wird man auch wieder auf die Defensive der Eisbären schauen. Das tun wir bereits heute, denn in unserem Kader-Check sind wir heute in der Verteidigung der Berliner angekommen.

Vier Spieler haben die Eisbären im Sommer verlassen, zwei Abgänge davon schmerzen dabei aber nur. Kai Wissmann hat sich unglaublich in Berlin entwickelt, hat eine super starke Saison gespielt und überzeugte anschließend auch bei der WM. Der Lohn folgte dann im Sommer, als die Boston Bruins den deutschen Nationalspieler unter Vertrag nahmen. Wissmann hinterlässt eine große Lücke in der Berliner Defensive, mit ihm werden den Eisbären satte 27 Scorerpunkte (5 Tore/22 Vorlagen) fehlen.
Auch Simon Després wird in dieser Saison nicht mehr das Trikot der Hauptstädter tragen. Ihn zog es nach Österreich zu Villach. Després kam auf 21 Scorerpunkte (2/19) inklusive Playoffs.
Zwei weitere Abgänge sind Nicholas B. Jensen und Paul Reiner. Jensen konnte sich nie in Berlin durchsetzen und kehrte daher zurück nach Bremerhaven. In der vergangenen Saison kam der Däne auf 14 Scorerpunkte (2/12). Youngster Paul Reiner bekam in Berlin nicht das Vertrauen und entschied sich daher für einen Wechsel zu Aufsteiger Löwen Frankfurt.

Von Düsseldorf nach Berlin gewechselt: Verteidiger Marco Nowak. (Foto: eisbaerlin.de/walker)

Den vier Abgängen stehen drei Neuzugänge gegenüber, welche es aber in sich haben. Aus Düsseldorf stößt Marco Nowak (siehe Foto links) nach Berlin. Bei den Rheinländern war Nowak absoluter Leistungsträger und hinterlässt daher eine große Lücke bei der DEG. Nowak kam in nur 43 Spielen auf starke 22 Scorerpunkte (4/18). Nowak kam wie Wissmann und Després auf kein Powerplaytor, aber legte dafür fünf Tore in Überzahl auf. Bei Wissmann waren es sechs und bei Després vier Treffer. Viel Torgefahr in Überzahl kann man daher nicht von Nowak erwarten, aber immerhin ist er gut, um Tore aufzulegen.
Einer, von dem man in Überzahl viel erwarten kann, ist Julian Melchiori, den die Eisbären aus Wolfsburg geholt haben. Neun Tore erzielte Melchiori in der vergangenen Saison, 17 weitere Tore legte er auf. Vier der neun Tore erzielte er in Überzahl, drei Treffer legte er im Powerplay auf. Melchiori könnte in Überzahl also für die nötige Gefahr von der blauen Linie sorgen.
Der letzte Neuzugang war so eigentlich nicht eingeplant, musste aber nach dem Abgang von Kai Wissmann verpflichtet werden. Aufgrund mangelnder deutscher Alternativen vergaben die Eisbären die zehnte Ausländerlizenz an Brendan Guhle. Der Kanadier absolvierte in der vergangenen Saison sechs NHL-Spiele für die Anaheim Ducks. Zudem war er in der AHL aktiv, wo er für die San Diego Gulls 37 Spiele absolvierte, in denen ihm drei Tore und vier Vorlagen gelangen. Er ist sicherlich noch der Unbekannteste von den drei Neuzugängen in der Defensive, aber von ihm erwarten sich die Berliner Verantwortlichen einiges.

Die Defensive komplettieren fünf Spieler, welche bereits in der letzten Saison das Eisbären-Trikot trugen. Allen voran ist natürlich Frank Hördler zu nennen, welcher seine neunte Meisterschaft im letzten Jahr gewann. Franky denkt noch lange nicht an ein Karriereende und will an seine Leistungen aus der vergangenen Saison anknüpfen. Da kam der Kapitän der Eisbären auf starke 32 Scorerpunkte (5/27). In Überzahl gelangen ihm ein Treffer und drei Vorlagen.
Von Morgan Ellis hatte man sich wesentlich mehr erwartet als seine 13 Scorerpunkte (2/11). In Überzahl blieb er gänzlich ohne Punkt. Von daher wunderte es nicht gerade wenige Fans, warum er bleiben durfte und Després nicht.
Jonas Müller ist aus der Berliner Defensive nicht mehr wegzudenken und ist ein wichtiger Leistungsträger. Sieben Tore und 19 Vorlagen (zwei in Überzahl) bestätigen die starke Saison der Nummer 18.
Eric Mik machte im letzten Jahr den nächsten Schritt in seiner Karriere und erkämpfte sich seinen Stammplatz. Zwei Tore und 14 Vorlagen rundeten eine sehr gute Saison ab. In dieser Saison wird von der Nummer 12 der nächste Schritt erwartet.
Ob Korbinian Geibel in dieser Saison mehr Einsätze haben wird, als die 15 Spiele in der Vorsaison, wird vorrangig an ihm und seinen Trainingsleistungen liegen. Dass er auch gut für Tore sein kann, hat er gestern bewiesen, als ihm der Ehrentreffer in Göteborg gelang. Letzte Saison gelangen ihm zwei Vorlagen.

Auf dem Papier haben die Eisbären wieder eine starke Defensive. Zwei der vier Abgänge schmerzen, aber mit Nowak, Melchiori und Guhle haben die Verantwortlichen der Eisbären für adäquaten Ersatz gesorgt. Es dürften durchaus mehr Tore von Verteidigern in Überzahl werden, als das eine in der letzten Saison. Dieses erzielte Kapitän Frank Hördler. Alleine Julian Melchiori dürfte da schon für mehr Gefahr von der blauen Linie sorgen.

Eisbären Berlin: Mit drei jungen Goalies in die neue Saison – Ein Risiko?

Die Vorbereitung auf die neue PENNY DEL-Saison sowie die Champions Hockey League (CHL) ist seit gestern Abend abgeschlossen. Mit nur einem Sieg aus fünf Vorbereitungsspielen sieht die Bilanz des deutschen Meisters dabei eher dürftig aus. Auf die Ergebnisse der Vorbereitungsspiele gehe ich aber nochmal kurz extra ein, wenn ich auf das erste CHL-Spiel am Donnerstag vorausschaue. Nun geht es aber erst einmal um meine persönliche Einschätzung zum Kader der Eisbären Berlin für die anstehende DEL- und CHL-Saison. Los geht es natürlich ganz hinten im Tor.

Und da gab es beim Hauptstadtclub den schmerzhaftesten Abgang. Denn Meistergoalie Mathias Niederberger hat den Verein verlassen und sich dem letztjährigen Finalgegner Red Bull München angeschlossen. Der deutsche Nationaltorhüter hatte maßgeblichen Anteil an den letzten beiden Meisterschaften. Niederberger hinterlässt eine enorm große Lücke, die eigentlich überhaupt nicht zu schließen ist.

Juho Markkanen (links) und Tobias Ancicka werden sich einen offenen Kampf um die Nummer eins im Berliner Tor liefern. (Foto: ela on tour)

Die Verantwortlichen der Berliner versuchen dies mit drei jungen Goalies. Tobias Ancicka ist einer von den drei Goalies, dem die Eisbären das Vertrauen schenken. Der 21-jährige hat in der vergangen Saison den nächsten Schritt in seiner Karriere gemacht und gezeigt, dass man auf ihn zählen kann, wenn es drauf ankommt. 16 Spiele absolvierte Anicka vergangene Saison, in denen er einen Gegentorschnitt von 2,79 pro Spiel hatte. Er wehrte 90,2 Prozent aller Schüsse ab und feierte zwei Shutouts,

Ancicka wird u.a. mit dem finnischen Neuzugang Juho Markkanen um die Nummer eins im Berliner Tor kämpfen. Der 20-jährige spielte vergangene Saison in Finnland bei SaiPa und in der Schweiz bei Lugano. In Finnland absolvierte er 15 Spiele, kam auf einen Gegentorschnitt von 3,27 pro Spiel und eine Fangquote von 87,3 Prozent. In der Schweiz waren es drei Spiele, ein Gegentorschnitt von 4,25 pro Spiel und eine Fangquote von 92,2 Prozent. Werte, die in der Fanszene bisher nicht viele überzeugen.
Die Testspiele, in denen der Finne bisher im Tor stand, haben da nicht zu einer Änderung der Meinung geführt. Markkanen stand beim 1:4 gegen Pardubice, beim 3:4 n.V. in Linz und bis zum 0:3 gestern Abend bei Ambri im Tor. Danach musste er seinen Arbeitsplatz verlassen. Es wird interessant zu sehen sein, welche Leistung Markkanen bei den Pflichtspielen zeigen wird, sofern er von Trainer Serge Aubin eingesetzt wird.

Zum Vergleich: Ancicka stand beim einzigen Sieg in der Vorbereitung (3:2 vs. Biel) im Tor und hütete zudem das Tor bei der knappen 0:1-Niederlage n.V. in Salzburg. Die bessere Vorbereitung hat in dem Fall also Ancicka gespielt, wenn gleich ich dazu sagen muss, dass ich nicht alle Spiele sehen konnte.

Der dritte junge Goalie im Kader ist ebenfalls ein Neuzugang. Nikita Quapp kam vom DEL-Absteiger Krefeld Pinguine in die Hauptstadt. Der 19-jährige Goalie gilt als großes Torhüter-Talent. Beim KEV absolvierte Quapp in der letzten DEL-Saison elf Spiele, in denen er jedoch von den Statistiken her nicht überzeugen konnte – Gegentorschnitt 4,04 pro Spiel, Fangquote 87,5 Prozent. Zu seiner Verteidigung muss man aber sagen, dass er von den Vorderleuten recht häufig auch im Stich gelassen wurde.
Bei den Eisbären kam Quapp gestern Abend ab der 28. Spielminute beim Spiel bei Ambri zum Debüt. Beim Stand von 0:3 kam er rein, am Ende musste auch Quapp noch drei Gegentore schlucken.

Die Fans sehen dieses Vorhaben der Eisbären als äußerst riskant an. Torwarttrainer Sebastian Elwing sieht das jedoch ganz anders:

Die Eisbären stehen trotzdem nicht mit offenem Kasten da. Wenn eine Tür zugeht, geht eine andere auf. Unsere drei jungen Torsteher Tobias Ancicka, Juho Markkanen und Nikita Quapp erhalten ihre Chance. Alle drei Jungs sind äußerst talentiert und fleißig. Ich bin überzeugt, an den Jungs werden die Fans ihre Freude haben.

Das alle drei Goalies Talent haben, spricht ihnen auch keiner ab. Nur die Tatsache, dass die Eisbären als Meisterschaftskandidat in die Saison gehen und dann auf der so wichtigen Torhüterposition drei jungen Goalies das Vertrauen schenken, sorgte bei vielen Fans für großes Erstaunen. Es ist auf jeden Fall mit einem gewissen Risiko verbunden. Wenn ich einem es zutraue, dass Tor der Eisbären zu hüten und dabei auch noch zu überzeugen, dann ist es Tobias Ancicka. Denn er hat bereits letztes Jahr bewiesen, dass er das Zeug zur Nummer eins in der DEL hat.
Sein ärgster Konkurrent wird mit Sicherheit Juho Markkanen sein, während Nikita Quapp wohl eher vermehrt Spielpraxis beim Kooperationspartner Weißwasser erhalten wird.

Stürmer Marcel Noebels äußerte sich nach dem Trainingsauftakt der Eisbären wie folgt über das jungen Torhüter-Duo:

Unser Torhüter-Duo ist sehr jung, aber sie werden ihre Chancen kriegen, sich zu beweisen. Was nicht jeder Verein macht, glaube ich. Ein Verein, der oben mitspielen möchte oder Ambitionen hat, um die Meisterschaft mitzuspielen. Da muss man ja wirklich sagen, dass man viel Vertrauen in die Jungs steckt und was auch, wie ich finde, nach einer Zeit verdient ist. Ich wünsche den Jungs, dass sie es packen und auch schaffen. Wir werden gut aufgestellt sein.

Die Mannschaft steht also geschlossen hinter dem Vorhaben der Verantwortlichen, mit drei jungen Goalies in die neue Saison zu starten. Was übrigens in Berlin nichts Neues ist, dass man mit jungen Goalies in eine neue Spielzeit geht.
In der Saison 2006/2007 starteten die Berliner als Deutscher Meister mit den Goalies Daniar Dshunussow, Youri Ziffzer und Sebastian Stefaniszin in die neue Saison. Am Ende der Saison stand das Aus in der ersten Playoff-Runde gegen Frankfurt.
Noch nicht allzu lange her ist die Saison 2018/2019, als die Berliner mit Marvin Cüpper und Maximilian Franzreb in die Saison starteten. Diesmal hielten sie es aber nicht lange durch und verpflichteten relativ früh in der Saison den Kanadier Kevin Poulin. In der Saison scheiterte man dann im Viertelfinale an München.

Nun also ein dritter Anlauf. Und wie sagt man doch so schön? Aller guten Dinge sind drei. Demnach muss es doch dieses Mal klappen. Eine Tatsache, dass die Eisbären wirklich davon ausgehen, ist auch der Fakt, dass man für Markkanen sogar eine Ausländerlizenz vergeben hat und aktuell bereits zehn der möglichen elf Lizenzen vergeben hat. Man hat also kaum noch Spielraum für Nachbesserung während der Saison, zumal ja auch nur neun Importspieler während eines Spiels eingesetzt werden können.
Ich persönlich finde auch, dass die Eisbären da sehr mutig sind, aber ich habe Vertrauen in die Verantwortlichen der Eisbären. Weil: Tobias Ancicka hat, wie bereits erwähnt, das Zeug zur Nummer eins. Das hat er in der letzten Saison mehrfach bewiesen. Er wird in dieser Saison den nächsten Schritt in seiner Karriere gehen und geht für mich als Favorit in das offene Torhüter-Duell bei den Eisbären Berlin.
Juho Markkanen ist Finne und finnische Goalies sind generell keine schlechten. Er steht noch am Anfang seiner Karriere und will in dieser in Berlin den nächsten Schritt gehen. Beim Training fand ich ihn bereits gut, die Vorbereitungsspiele habe ich jedoch nicht alle sehen können, daher kann ich noch kein endgültiges Fazit zu Markkanen abgeben.
Und Nikita Quapp wird aus meiner Sicht, wie bereits erwähnt, vermehrt in Weißwasser Eiszeit bekommen. Auch er ist ein hoffnungsvolles Talent und ihm kann die Zukunft gehören.

Ab Donnerstag werden wir uns davon überzeugen können, für wen sich das Trainerteam um Serge Aubin entscheiden wird und wie stark die Goalies im Pflichtspielbetrieb sind. Es ist sehr gewagt, aber es kann mit dieser Besetzung auch gut gehen. Lassen wir uns überraschen und ganz wichtig: Lasst uns die jungen Goalies so gut es geht unterstützen und nicht beim ersten Fehler auspfeifen.