6:7 n.V. gegen Düsseldorf: Während die Offensive heute brillierte, nahm sich die Defensive kurzerhand frei

WalkersBärenNews/Saison 2021/2022 – Ausgabe #13:

Spiele unter der Woche sind ja bei Eishockey-Fans eher unbeliebt, weil diese selten für Spektakel stehen. Am heutigen Donnerstagabend hatten aber sowohl die Eisbären Berlin als auch die Düsseldorfer EG Lust auf Spektakel. Vor 5.000 Zuschauern in der Arena am Ostbahnhof verloren die Eisbären ein munteres Scheibenschießen mit 6:7 n.V. (2:1,2:2,2:3/0:1) gegen die DEG. Während die Offensive heute brillierte, hatte sich die Defensive kurzerhand frei genommen. Am Ende verspielten die Berliner äußerst kläglich eine 4:1-Führung.

Eisbären-Coach Serge Aubin konnte im Heimspiel gegen die DEG wieder auf Neuzugang Marco Baßler zurückgreifen. Dafür fehlten weiterhin Blaine Byron, Kevin Clark und Zach Boychuk. Nach der enttäuschenden 1:3-Heimniederlage gegen Nürnberg am Sonntagabend stellte Aubin, der ansonsten das selbe Personal zur Verfügung hatte, seine Angriffsreihen komplett um. Marcel Noebels und Leo Pföderl stürmten heute zusammen mit Yannick Veilleux in der ersten Formation. Dort ersetzte er Frans Nielsen, welcher heute als Center der zweiten Reihe zwischen Matt White und Giovanni Fiore agierte. Mark Zengerle spielte auf dieser Position noch gegen Nürnberg, heute war Zengerle in der dritten Reihe zu finden, wo er zusammen mit den beiden Youngsters Manuel Wiederer und Sebastian Streu stürmte. Die nominell vierte Angriffsreihe bildeten Bennet Roßmy, Eric Mik und Marco Baßler. Die Defensiv-Pärchen blieben gleich, einzig Korbinian Geibel war heute als siebter Verteidiger im Kader. Gegen Nürnberg half er noch im Sturm aus. Und im Tor begann heute Youngster Leon Hungerecker, der damit seinen zweiten DEL-Start erhielt und den ersten auf heimischen Eis. Mathias Niederberger nahm als Back-up auf der Bank Platz.

Beide Teams gingen mit Negativ-Erlebnissen in dieses Spiel. Die Berliner verloren wie bereits erwähnt am Sonntag zu Hause mit 1:3 gegen Nürnberg, während die DEG das „kleine“ Derby in Krefeld mit 3:6 verlor, sich dort aber nach einem zwischenzeitlichen 0:6-Rückstand noch stark ins Spiel zurück gekämpft hatte. Heute waren sozusagen beide Mannschaften auf Wiedergutmachung aus. Und die Eisbären wollten zudem sicherlich auch noch Revanche für das erste Aufeinandertreffen beider Mannschaften in Berlin, welches Düsseldorf mit 3:1 für sich entschieden hatte.

Foto: eisbaerlin.de/walker

Und der Start war viel versprechend. Ganze 56 Sekunden waren gespielt, da ertönte erstmals die Tormusik in der Arena am Ostbahnhof. Marcel Noebels hatte zu viel Platz im Angriffsdrittel, guckte sich Mirko Pantkowski aus und zimmerte die Scheibe ins Düsseldorfer Netz – 1:0. Der perfekte Start für die Eisbären und genau den wollte man auch haben nach der Niederlage gegen die Franken und auch allgemein, weil man sich zuhause immer so schwer tut, ins Spiel zu finden.
Die Eisbären waren in der Anfangsphase die bessere Mannschaft. Aus einer sicheren Defensive heraus fuhren sie ihre Angriffe und als sie sich erstmals im Düsseldorfer Drittel festsetzen konnten, kassierte die DEG die erste Strafzeit der Partie und ermöglichte den Berlinern so das erste Überzahlspiel der Partie. Und man höre und staune, auch das Powerplay nutzten die Eisbären aus. Am Ende einer guten Kombination stand Marcel Noebels am rechten Pfosten komplett alleine und hatte keine große Mühe, die Scheibe im halbleeren Tor einzuschießen – 2:0 (7.). Veilleux war von seinem „Aufstieg“ wohl besonders beflügelt, denn die Nummer 38 hatte nach dem 1:0 auch das 2:0 von „Noebi“ vorbereitet. Ein guten Händchen hat er da gehabt, der Serge Aubin.

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Die Hauptstädter glänzten in der Anfangsphase vor allem durch ihre gnadenlose Effektivität, drei Torschüsse, zwei Tore. Besser geht es fast gar nicht. Leon Hungerecker erlebte bis hierhin einen sehr ruhigen Arbeitstag und konnte sich so erst einmal an das Klima in der Mercedes-Benz Arena gewöhnen. Als er im weiteren Verlauf des ersten Drittels gebraucht wurde, war der junge Goalie zur Stelle und hielt sein Tor bis hierhin sauber.
Nach einem vergebenen Powerplay der Eisbären kamen die Rheinländer rund zwei Minuten vor dem Ende des ersten Drittels mal vor das Berliner Tor, Alexander Ehl und Brendan O’Donnell spielten einen Doppelpass, Ehl kam dann im Slot zum Abschluss und überwand Leon Hungerecker zum ersten Mal an diesem Abend – 2:1 (18.). Mit diesem Spielstand ging es letztendlich auch in die erste Drittelpause.

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Was hatte man den Eisbären heute eigentlich in den Pausentee bzw. den Tee vor Beginn des Spiels getan? Denn im zweiten Drittel waren die Berliner noch schneller als zu Beginn des Spiels. Giovanni Fiore tauchte nach klasse Zuspiel von Kai Wissmann alleine vor Mirko Pantkowski auf und ließ dem jungen DEG-Goalie keine Chance – 3:1 (21.).
Doch Düsseldorf zeigte sich keinesfalls davon geschockt und versuchte, eine Antwort zu finden. Aber sie fanden stets ihren Meister im gut aufgelegten Leon Hungerecker im Berliner Tor. Die Eisbären ließen sich in dieser Phase zu sehr hinten rein drücken, kamen teilweise gar nicht aus dem eigenen Drittel heraus.
Aber wenn die Eisbären heute eins konnten, dann war es gnadenlos effektiv zu sein. Mitten rein in die gute Düsseldorfer Phase fuhren die Berliner einen Zwei-auf-Eins-Konter, Leo Pföderl kam über rechts ins Angriffsdrittel, er spielte den Pass links rüber zu Marcel Noebels und der hatte heute sichtlich Bock auf Tore schießen, denn er traf bereits zum dritten Mal an diesem Abend – 4:1 (26.). Während „Noebi“ sein drittes Tor feiern konnte, jubelte Yannick Veilleux über seinen dritten Assist in diesem Spiel. Da scheint sich in Abwesenheit von Blaine Byron eine neue Paradereihe zu bilden. Serge Aubin dürfte es freuen.

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Was ihn aber nicht freuen dürfte, war die Unkonzentriertheit seiner Spieler. Im eigenen Drittel vertändelten die Berliner die Scheibe, Leon Hungerecker rettete noch zweimal, doch gegen den Schuss von Cedric Schiemenz war der junge Berliner Goalie machtlos – 4:2 (27.). Den Gegentreffer mussten sich seine Vorderleute ankreiden lassen, die ihren Goalie da gänzlich im Stich ließen. Und dass mit Schiemenz mal wieder ein Ex-Eisbär gegen die Berliner trifft, kennen wir nun auch schon mehr als uns recht ist.
Die Eisbären wirkten trotz ihrer eigentlich souveränen Führung irgendwie fahrig, leisteten sich zu viele Fehler im Spielaufbau und fanden einfach nicht zu ihrem Spiel. Düsseldorf spielte dagegen weiter nach vorne und versuchte, sich hier zurück ins Spiel zu kämpfen.
Knapp sieben Minuten vor dem Ende des Mitteldrittels bot sich den Rheinländern die Chance in Überzahl auf ein Tor heranzukommen. Und das taten sie auch. Gewühl vor Leon Hungerecker und Victor Svensson behielt die Übersicht und verkürzte auf 4:3 (34.). Die Eisbären wurden für ihre Passivität im Spiel bestraft. Normalerweise sollte dir eine 4:1-Führung das nötige Selbstvertrauen geben und du das Spiel sicher nach Hause bringen. Aber das gelang den Eisbären hier nicht, die irgendwie hinten verunsichert wirkten. So effektiv man heute vorne war, so anfällig war man hinten.
Nun wachten die Eisbären aber mal wieder auf und hätten durch Leo Pföderl beinahe das 5:3 erzielt, doch sein Schuss ging knapp am Tor vorbei. Solche Aktionen hatten die Berliner in den zweiten 20 Minuten kaum mal. Aber immerhin konnte man sich in der Schlussphase mal wieder im Düsseldorfer Drittel festsetzen, doch zu einem Tor sollte es nicht reichen. Auch wenn Frank Hördler nach einer guten Kombination nah dran war. So nahm man immerhin noch eine knappe 4:3-Führung mit in die zweite Drittelpause. Aber das Spiel war hier natürlich noch lange nicht durch.

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Doch wenn die Eisbären immer so aus der Kabine kommen, wie es heute der Fall war, dann darf man hinten auch einmal mehr patzen. Ganze 22 Sekunden dauerte es nur im Schlussdrittel, da staubte Matt White erfolgreich ab – 5:3 (41.).
Gab dieser Treffer nun einmal das nötige Selbstvertrauen? Nein, denn die DEG schlug in Minute 45 eiskalt zurück. Die Zuordnung in der Berliner Defensive stimmt mal überhaupt nicht, Brendan O’Donnell hatte zu viel Platz auf der rechten Seite, konnte sich die Scheibe zu recht legen und Leon Hungerecker ausgucken – 5:4.
Aber die Eisbären hatten ja immer noch ihre Offensive in der Hinterhand, die ihnen heute das Spiel hätte retten können. Giovanni Fiore kam im Slot an die Scheibe und versenkte die Scheibe aus der Drehung heraus im Düsseldorfer Tor – 6:4 (48.). Eine starke Aktion von Fiore, der von White angespielt wurde, da aber noch mit dem Rücken zum Tor stand. Er drehte sich um die eigene Achse und schüttelte dabei auch noch einen DEG-Verteidiger ab und vollendete ganz stark.
Den 5.000 Zuschauern in der Arena am Ostbahnhof wurde auf jeden Fall einiges heute Abend geboten. Hoffen wir an dieser Stelle mal, dass es nicht das letzte Spiel mit Fans für eine lange Zeit war. Wenn gleich natürlich die Gesundheit aller hier definitiv im Vordergrund steht!

Foto: eisbaerlin.de/walker

Aber zurück zum Spiel, denn hier durfte man keinesfalls wegschauen. Knapp acht Minuten vor dem Ende schlug die DEG erneut zurück. Leon Hungerecker konnte den ersten Schuss nur prallen lassen, die DEG setzte nach und über Daniel Fischbuch und Victor Svensson kam die Scheibe in den Slot zu Paul Bittner, welcher auf 6:5 verkürzen konnte (52.). Hungerecker ärgerte sich anschließend über das Gegentor, aber ihm war heute überhaupt kein Vorwurf zu machen, denn zu oft wurde er von seinen Vorderleuten im Stich gelassen. Das Spiel erinnerte an Hungereckers erstes DEL-Spiel am vergangenen Freitag in Bietigheim, als die Eisbären knapp mit 5:4 n.P. gewannen. Auch da wurde Hungerecker immer wieder alleine gelassen. Das sollte sich eigentlich nicht wiederholen.
Die DEG hatte nun wieder Hoffnung, hier doch noch was aus der Hauptstadt mit nach Düsseldorf zu nehmen. Die Mannschaft von Chefcoach Harold Kreis drückte nochmal auf das Tempo und setzte die Berliner unter Druck. Diese wiederum lauerten natürlich auf Fehler der DEG und wollten kontern, um diese wilde Achterbahnfahrt hier endgültig für sich zu entscheiden.
DEG-Coach Harold Kreis nahm zwei Minuten vor dem Ende des Spiels eine Auszeit und seinen Goalie zu Gunsten eines sechsten Feldspieler vom Eis. Er ging sozusagen jetzt „All-in“. Und damit hatten sie Erfolg. Stephen MacAulay glich hier tatsächlich noch zum 6:6 aus (59.).
Geht noch mehr Dramatik? Ja! 70 Sekunden vor dem Ende kassierte Jonas Müller eine Strafzeit wegen Stockschlags und so mussten die Berliner in der Schlussphase tatsächlich noch einmal in Unterzahl ran. So rückte Leon Hungerecker wieder in den Brennpunkt. Das Spiel war hier definitiv nichts für schwache Nerven. Und der junge Berliner Goalie behielt in dieser Phase die Nerven und rettete seiner Mannschaft einen Punkt. Doch in der Verlängerung mussten die Eisbären noch 50 Sekunden in Unterzahl agieren.

Aber diese überstanden sie ohne Gegentor, auch weil Leon Hungerecker noch einmal einen starken Save dabei hatte. Und weiter ging es mit der Dramatik. Auf der einen Seite scheiterte Tobias Eder an Hungerecker, auf der anderen Seite scheiterte Leo Pföderl an Mirko Pantkowski. Beide hatten freie Bahn, doch fanden in den beiden Goalies jeweils ihren Meister. Leon Hungerecker parierte anschließend zwei weitere Alleingänge, Pantkowski einen. Wow, was für ein Spiel, was für eine Overtime.
Doch das bittere Ende kam 19,5 Sekunden vor dem Ende. Die Eisbären verloren im Angriffsdrittel die Scheibe, Daniel Fischbuch war auf und davon, doch statt selbst abzuschließen, legte er die Scheibe klasse zurück auf Brendan O’Donnell, welcher am Ende keine große Mühe hatte, die Scheibe im leeren Berliner Tor zu versenken – 6:7 (65.).

Eine Niederlage, die vollkommen unnötig war, die aber genauso verdient war. Wer eine 4:1-Führung so leichtfertig noch herschenkt, der braucht sich am Ende nicht über das Endergebnis beschweren. So stark die Offensive heute gespielt hat, so katastrophal, ja fast schon unterirdisch, trat die Berliner Defensive auf. Ein Fehler jagte den nächsten und so stehst du am Ende nur mit einem Punkt da.
Leon Hungerecker konnte einem leid tun. Er hielt, was zu halten war, wenn er aber keine Unterstützung seiner Vorderleute bekommt, dann kann auch er am Spielausgang nichts mehr ändern. Und in der Verlängerung hatte er nochmal drei, vier weitere Saves bei, am Ende musste aber auch er sich geschlagen geben.
Die drei Tore von Marcel Noebels und die drei Vorlagen von Yannick Veilleux? Die vermeintlich neue Paradereihe der Eisbären? Das war heute nur für die Statistik, zu weh tut diese Niederlage. Eine, welche man so nie und nimmer kassieren darf!

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