Stéphane Richer: „Wir haben entschieden, eine andere Richtung zu gehen“

Am heutigen Donnerstag fand im Loretta an der Spree das Saisonabschluss-Pressegespräch mit Stéphane Richer, Peter-John Lee und Stefan Ustorf statt. Man blickte noch einmal kurz zurück auf die am vergangenen Freitag abgelaufene DEL-Saison und schaute dann natürlich auch schon einmal voraus auf die neue Spielzeit, welche im September beginnen wird. Demnach wurden heute weitere Personalentscheidungen bekannt gegeben, nachdem in den letzten Tagen ja bereits die Verpflichtung von Leo Pföderl (Nürnberg) endlich offiziell bestätigt wurde und zudem die Abgänge von Jens Baxmann (Iserlohn) und Maximilian Adam (Wolfsburg) verkündet wurden.

Manager Peter-John Lee hätte sich viel lieber später im April zum Saisonabschluss-Pressegespräch getroffen, aber:

Es gibt halt gute und schlechte Zeiten. Im vergangenen Sommer haben wir eigentlich gedacht, dass wir auf dem Papier eine gute Mannschaft haben, die in die Top-4 kommen kann. Aber schon in der Vorbereitung kamen dann die ersten vier Verletzungen.

Lee spricht es an, die vielen Verletzungen. Minimum auf fünf Stammspieler musste man fast durchgehend verzichten. Erst nach der Februar-Pause hatte man ein volles Line-up zusammen und musste mit Jens Baxmann sogar einen gesunden Spieler überzählig auf die Tribüne setzen. Lee zum Saisonverlauf:

Wir haben uns durch Verletzungspech und Trainerwechsel keine gute Ausgangsposition für die Playoffs geschaffen. Nach der Februar-Pause wurde es besser, wir haben sechs von sieben Spielen gewonnen und das Viertelfinale erreicht. München ist eine gute Mannschaft, wir haben uns aber gut präsentiert. Die Jungs haben bis zum Ende gekämpft. Das Ende einer Saison ist zugleich der Anfang einer neuen Saison.

Stefan Ustorf, Peter-John Lee und Stéphane Richer (von links) – Foto: eisbaerlin.de/walker

Und die Vorbereitungen auf die 26. DEL-Spielzeit laufen in der Hauptstadt bereits auch Hochtouren. Nach einer miserablen Hauptrunde, welche man auf einem mehr als enttäuschenden neunten Platz beendet hatte und einem immerhin versöhnlichen Saisonabschluss in den Playoffs, sind die Rufe nach einem großen Umbruch im Team der Eisbären aus der Fanszene sehr groß gewesen. Und in der Tat scheint es diesen zu geben, jedenfalls stehen zum jetzigen Zeitpunkt bereits neun Abgänge schon fest. Weitere sind nicht ausgeschlossen.

Neben den bereits bekannten Abgängen von Baxmann und Adam kamen heute noch sieben weitere hinzu: Mark Cundari, Danny Richmond, Brendan Ranford, Jamie MacQueen, Micki DuPont, Daniel Fischbuch und Colin Smith haben ebenso keine Zukunft mehr in der Hauptstadt. Bei Fischbuch haben die Berliner Verantwortlichen sogar den Vertrag aufgelöst und ihm mitgeteilt, dass man nicht mehr mit ihm planen wird.
Sportdirektor Stéphane Richer sprach von keinen einfachen Tagen zuletzt:

Wir hatten keine einfachen Tage zuletzt. Wir haben alles analysiert. Es ist nicht einfach, einem Spieler wie z.B. DuPont zu sagen, wir planen anders und können nicht mit dir verlängern. Wir haben entschieden, in eine andere Richtung zu gehen. Wir hatten gute Jungs mit gutem Charakter.

Da waren für viele Fans natürlich Entscheidungen dabei, die man so nicht ganz nachvollziehen kann. Gerade die Abgänge von DuPont und MacQueen seien da genannt. Ersterer nahm die meiste Eiszeit, Zweiterer war für die Tore zuständig. Auch Ranford war für manch einen eine Überraschung, aber Richer meinte, er häte zwar 15 Tore geschossen aber man denkt, man findet einen noch besseren Stürmer als Ranford.
Anders herum muss man natürlich auch sagen, immer wieder wurde sich aus der Fanszene ein solcher Umbruch gewünscht und auch, dass vor alten Leistungen kein Halt gemacht wird und nun handeln die Berliner, aber recht machen können sie es eben nicht allen. Manch ein Fan wünschte sich da zum Beispiel den Abgang eines Rankels oder Buchwiesers, nur diese Spieler bleiben in Berlin.

Via Medieninformation teilten die Hauptstädter noch Richers Dank an die wechselnden Spieler mit:

Wir danken allen Spielern für ihren Einsatz in ihren Saisons im Eisbären-Trikot und wünschen ihnen viel Erfolg für die Zukunft! Besonders möchte ich Micki DuPont für sieben Saisons Leidenschaft für die Eisbären danken. Er war bereits beim ersten DEL-Meistertitel 2005 dabei und hat den Club geprägt.

Noch offen ist dagegen die Zukunft von Torhüter Kevin Poulin, Stürmer Thomas Oppenheimer und Youngster Jake Ustorf. Richer zum Stand der Verhandlungen mit Poulin und Oppenheimer:

Wir sind in Verhandlung mit dem Agent von Kevin Poulin. Aber eine finale Entscheidung kommt erst, wenn der neue Trainer vorgestellt wird. Bei Thomas Oppenheimer haben wir uns, Stand jetzt, dazu entschieden, den Vertrag nicht zu verlängern. Aber das kann in einem Monat schon wieder anders aussehen. Aktuell ist er auf dem Markt und schaut sich nach anderen Vereinen um. Wichtig ist aber, dass er gesund wird.

Nach all den weniger schönen Nachrichten bezüglich der Abgänge gab es aber auch eine frohe Botschaft zu verkünden. Denn Austin Ortega bleibt in Berlin, der Vertrag mit ihm wurde verlängert. Richer dazu in der Medieninformation:

Austin Ortega hat uns in der kurzen Zeit absolut überzeugt. Wir sind froh, dass wir ihn in Berlin halten können.

Und Ortega selbst ist natürlich auch froh über seine Verlängerung:

Ich war nur eine kurze Zeit hier bisher, aber es hat mir sehr gut gefallen. Der Club, das Team, die Stadt und die Fanbase hier sind etwas Besonderes. Ich freue mich, dass ich nächste Saison wiederkommen kann.

Verlängert haben die Eisbären darüber hinaus auch mit zwei wichtigen jungen Spielern in der Defensive. Kai Wissmann und Jonas Müler werden auch in der kommenden DEL-Saison das Eisbären-Trikot tragen. Richer dazu in der Medieninformation:

Jonas und Kai sind schon jetzt Stützen in unserer Defensive. Sie haben aber noch Entwicklungspotential und sollen nun den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung machen.

Mit diesen beiden jungen Spielern haben die Berliner also verlängert, mit Maxi Adam hingegen nicht, was vielen Fans sauer aufstieß. Richer dazu:

Wir können nicht alle jungen Spieler halten. Wir sind aber froh, wenn sie in der DEL spielen können.

Und Stefan Ustorf ergänzte:

Charlie Jahnke wird nächste Saison seine Chance im Eisbären-Kader bekommen. Wir sind sehr zufrieden mit der Kooperation mit Weißwasser, unsere jungen Spieler entwickeln sich sehr gut dort. Die Kooperation funktioniert hervorragend.

Neben dem bereits feststehenden Transfer vom deutschen Top-Stürmer Leo Pföderl wurde heute eine weitere Verpflichtung bekannt gegeben. Vom Kooperationspartner Weißwasser wechselt Stürmer Fabian Dietz an die Spree und wird seinen ersten DEL-Vertrag unterschreiben. Er wird aber auch mit einer Förderlizenz für Weißwasser ausgestattet, ist also auch für die Füchse weiterhin spielberechtigt. In der vergangenen DEL2-Saison kam Dietz auf 13 Tore und sieben Vorlagen in 56 Spielen. Nun will man ihm den nächsten Schritt in seiner Karriere ermöglichen.
Was sicherlich auch daran liegt, dass in der nächsten Saison zwei U23-Spieler auf dem Spielberichtsbogen stehen müssen und da wollen die Eisbären natürlich die besten spielen lassen.

Neun Spieler haben die Eisbären also bis jetzt verlassen, was laut Richer aber nicht gleichbedeutend damit ist, dass man jetzt auch neun neue Spieler verpflichten wird. Auf jeden Fall will man noch je zwei Importspieler für die Defensive und Offensive holen, in der Offensive könnten es aber auch mehr werden. Aktuell plant man aber erst einmal mit zwei. Und in der Defensive hätte man dann acht Verteidiger.

Neben möglichen Neuzugängen brennt den Fans aber natürlich vor allem eine Frage auf der Seele: Wer wird neuer Trainer in Berlin? Auch heute gab es diesbezüglich keine Antwort, nur die, dass der neue Coach in zwei bis drei Wochen präsentiert wird. Noch sind lt. Richer ein paar Dinge zu klären, aber man ist auf dem Weg in die richtige Richtung.
Er selbst wird das Traineramt wie bereits erwähnt niederlegen. Das war von Anfang an klar:

Es hat Spaß gemacht, Trainer zu sein. Aber es war von Anfang an klar, dass ein neuer Trainer kommen wird. Meine Arbeit als Trainer war von Anfang an nur temporär gedacht.

Die zweite wichtige Personalie ist die des Torhüters. Wie bereits erwähnt, stehen die Eisbären noch in Verhandlung mit Poulins Agent. So richtig Stellung pro Poulin wollte aber keiner der drei anwesenden Verantwortlichen beziehen, das ist jedenfalls mein Eindruck gewesen. Richer zur Torhüter-Personalie:

Wir haben mit Maximilian Franzreb und Marvin Cüpper zwei gute Torhüter, die sich noch entwickeln können. Dazu kommt noch Tobias Ancicka. Wir sind auf der Goalie-Position breit aufgestellt. Ob Poulin bleibt oder geht, wer dann kommt, das alles hängt natürlich auch vom neuen Trainer ab, wie er plant. Wir analysieren alles.

Generell war man bei den Verantwortlichen der Ansicht, dass der Kader im letzten Jahr zu groß war, was aber auch daran lag, dass man eben diese unglaubliche Verletztenmisere hatte. Insgesamt 34 Lizenzen vergaben die Eisbären in der letzten Saison, darunter neun Verteidiger. So würden die Eisbären nie planen, sagte Richer, aber die Situation machte es eben nötig.

Zum Schluss kam noch die Frage auf, ob man evtl. während der Sommerpause auch über eine neue Besetzung des Kapitänsamt nachdenken wird. Darauf sagte Richer nur:

Es gibt viel zu besprechen. Wenn der neue Trainer kommt, gucken wir, wie sein Plan ist und dann entscheiden wird.

Sind also vielleicht auch die Tage von André Rankel als Kapitän in Berlin gezählt? Gut möglich und ein lang gehegter Wunsch der Berliner Fanszene.
Was aber bereits jetzt schon fest steht, am 28.07. treffen die letzten Spieler in der Hauptstadt zur Saisonvorbereitung wieder ein. Man wird u.a. am Dolomiten-Cup teilnehmen und danach eine Woche ein Trainingslager machen, in Österreich oder Italien, das steht allerdings noch nicht fest.

Ihr seht also, beim Hauptstadtclub hat sich bis jetzt schon einiges getan und es wird sich noch einiges in den nächsten Monaten tun. Wir halten Eich darüber auf unseren sozialen Medien auf dem Laufenden.

Stéphane Richer, Stefan Ustorf und Peter-John Lee: Die sportliche Leitung redet Klartext

Die Eisbären Berlin spielen aktuell eine sehr enttäuschende Saison und stehen nur auf dem zehnten Platz. Die Verantwortlichen selbst sind damit natürlich alles andere als zufrieden und die Fans erst recht nicht. Genau aus diesem Grund gab es am Mittwochabend ein „Im Dialog mit…“ im Fanbogen mit dem Trainer und Sportdirektor Stéphane Richer, dem Leiter für Spielerentwicklung und Scouting Stefan Ustorf und Manager Peter-John Lee.

Zusammengefasst kann man sagen, dass die Verantwortlichen den Unmut der Fans verstehen können, aber sie versuchten an diesem Abend auch zu erläutern, woran es aus ihrer Sicht liegt, dass die Eisbären derzeit den eigenen Erwartungen meilenweit hinterher hinken. Als erstes Fazit kann man bereits hier anmerken, dass die Saison keinesfalls abgeschenkt wird und man bis zum Saisonende kämpfen wird.

Lee sagte zur aktuellen Situation folgendes:

Der Kader, welchen wir auf dem Papier im Sommer gehabt haben, war sehr gut. Wenn dieser Kader auf dem Eis gestanden hätte und wir Zehnter in der Tabelle wären, dann hätten wir Probleme. Aber wir hatten von Beginn an Probleme mit Verletzungen. Das fing ja schon im Sommer mit Sean Backman oder Frank Hördler an. Hördler kämpfte sich bereits mit Schmerzen durch die Playoffs. Zu Beginn der Saison waren schon fünf Leute verletzt raus. Dann verletzt sich Thomas Oppenheimer gleich im ersten Spiel. Das alles hat uns hart getroffen. Sechs Leute aus dem Line-up kann keine Mannschaft in der DEL kompensieren.

Die verletzten Spieler sind sicherlich ein Grund für die aktuelle Misere, aber man selbst hat ja bereits immer betont, man wolle das nicht als Ausrede für die Leistungen nehmen. Dann müssen eben die erfahrenen Spieler in die Bresche springen, versuchen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Viele Fans haben dabei den Namen des Kapitäns André Rankel in den Raum geworfen, doch Richer betonte, es kann nicht nur von einem Spieler abhängen:

Die Führung einer Mannschaft kann nicht nur vom Kapitän erfolgen, sondern von einer Gruppe an Leadern. Das muss unser Ziel sein.

Durch die vielen Ausfälle mussten die Eisbären in dieser Saison vermehrt auf die jungen Spieler setzen und diesen mehr Eiszeit geben, als ihnen selbst eigentlich lieb gewesen wäre. Stefan Ustorf sagte ja erst kürzlich beim Fantalk nach dem desolaten 0:7 gegen Mannheim, dass die Spieler noch nicht so weit wären, um jetzt schon bei den Profis spielen zu können. Generell verstand Ustorf die Kritik nicht, die Eisbären würden keine jungen Spieler einbauen. Ustorf führte etwas ausführlicher dazu aus:

Es sind aktuell fünf U25-Eisbären-Spieler bei der Nationalmannschaft dabei, die meisten mit Köln zusammen. Unsere jungen Spieler, ich nehme hier mal als Beispiel Charlie Jahnke, sind weiter als ein Andreas Eder aus München zum selben Zeitpunkt. Ich verstehe nicht, warum man uns immer nachsagt, wir bauen keine jungen Spieler ein. Ein Kai Wissmann spielt schon mehrere Jahre, über ihn redet keiner. Dass ein Jahnke zwischen zwei erfahrenen Spielern besser zur Geltung kommt als zwischen einem Nino Kinder und Maximilian Adam ist doch auch klar. Aber wir haben nicht genügend Leute, um die jungen Spieler mit erfahrenen Spielern zusammenspielen zu lassen. Wenn die Jungs zusammen als vierte Reihe aufs Eis gehen müssen, sind sie nicht so weit, die Leistung zu bringen, als würden sie neben erfahrenen Spielern auflaufen. Wir haben Jonas Müller und Kai Wissmann vor Jahren eingesetzt, beide sind nun Stammspieler.

Ustorf blickte dabei auch noch einmal auf die letzte Saison zurück, in der die Eisbären unter Trainer Uwe Krupp Vizemeister wurden. Da war Ustorf nicht zufrieden mit der Situation der jungen Spieler und er kritisierte dabei auch den Ex-Coach:

Ich war mit der Situation unserer jungen Spieler letzte Saison nicht zufrieden. Weil entweder hat Uwe Krupp sie nicht eingesetzt oder aber sie zusammen spielen lassen. Ich war öfters anderer Meinung als Uwe. Ein Florian Busch ist auch erst ein guter Spieler geworden, als er an der Seite von Steve Walker und Denis Pederson spielen durfte.

An den jungen Spielern darf man aber die schlechte Saison nicht festmachen. Das sind noch diejenigen, die sich noch den Hintern aufreißen und in den Spielen alles geben. Es sind die erfahrenen Leistungsträger, die nicht ihre Form bringen. Klar, manch ein Fan würde sich daher Konsequenzen vom Trainer wünschen, doch Richer sind dabei die Hände gebunden, sein Grund dafür klingt nachvollziehbar:

Wenn acht Spieler fehlen, ist es schwer, Konsequenzen zu ziehen. Da fehlen mir einfach die Spieler. Aber intern gab es Konsequenzen, welche wir hier aber nicht nennen werden.

Kampflos wollen die Eisbären diese Saison aber nicht aufgeben, was Peter John Lee noch einmal klar stellte. Er fordert:

Ich erwarte, dass wir hart kämpfen, bis wir die Pre-Playoffs erreicht haben. Ich hoffe, wir können dann in den Playoffs überraschen. Ich will mit den verletzten Spielern keinesfalls die Saison entschuldigen. Aber aktuell sind wir, wenn einige verletzte Spieler zurück kommen, hinten gut besetzt. Vorne dagegen nicht so sehr wie hinten. Nach der Pause könnten wir bei 80,90 Prozent vom Kader des Sommers angekommen sein.

Viele Fans bemängelten auch die fehlenden Emotionen bei den Spielern, lediglich ein Kevin Poulin oder ein Florian Kettemer würden auf dem Eis Emotionen zeigen. Spieler, die gerade mal seit dieser Saison beim Hauptstadt-Club sind. Vielmehr hätte man diese von langjährigen Spielern erwartet, aber diese vermissen die Fans seit Jahren schon. Ein Fan meinte auch, dass Kevin Poulin bei einem Spiel mal wutentbrannt zur Bank gefahren ist und den Kollegen die Meinung gegeigt hatte, diese ihn aber nicht wirklich beachtet haben. Richer über Poulin:

Poulin zeigt manchmal zu viel Emotionen. Andere wollen Emotionen zeigen, können es aber nicht.

Dass es im Team der Eisbären aber an allen Ecken Probleme gibt, ist unübersehbar. Daher wurde natürlich die große Frage angesprochen, warum ein Clément Jodoin entlassen wurde und warum ein Stéphane Richer immer noch Trainer ist. Darauf gaben die Drei folgendes an:

Für viele Spieler war Clément Jodoin zu streng, er erreichte damit irgendwann nicht mehr die Mannschaft und man habe sich dann eingestanden, das es wohl ein Fehler war, Clément Jodoin zum Headcoach zu ernennen. Deshalb kam es zur Trennung.

Natürlich kam die weitere Frage auf, warum man für die restliche Hälfte keinen neuen Trainer engagiert hatte und stattdessen mit Richer weiter machte, der ja anscheinend nicht viel besser als Jodoin ist und dem Team nicht zum erhofften Erfolg verholfen hat. Richer begründete das damit, dass er so näher an der Mannschaft wäre und genau sehen könne, warum es nicht läuft und was besser gemacht werden muss. Zur Trainersuche sagte er, dass die Eisbären eben keinen Trainer für drei Monate haben wollen, so wie es die Eisbären-Philosophie halt vorgibt. Da hatte man immer Trainer über eine längerfristige Zeit – Pierre Pagé, Don Jackson, Uwe Krupp:

Wir wollen uns die Zeit nehmen, einen langfristigen Trainer zu finden. Einen mit Führungsqualität und Kommunikation. Einen, der eine klare Linie hat und diese auch zieht. Einen, der dann auch mit den Spielern spricht.

Was sicher einleuchtend ist, bringt doch ein Schnellschuss nur selten etwas, nur sollte man so etwas den Fans auch einmal genau erklären, denn sonst kommt es so rüber, dass man gar kein Interesse hat, etwas zu ändern. Denn unter Richer wurden die Leistungen noch schlechter, aber es tat sich nichts bei den Eisbären. Fehlende Transparenz wurde heute immer wieder angemahnt, ein Problem, welches sich über Jahre bei den Eisbären schon wie ein roter Faden durchzieht. Aber die Eisbären haben heute einige plausible Erklärungen abgegeben, womit sicherlich nicht jeder Fans zufrieden ist, aber es war endlich mal ein erster Schritt. Denn Richer sagte auch, dass man selbst wenn man die Pre-Playoffs erreichen sollte, darüber ins Viertelfinale einzieht und dann noch weiter kommt, man trotzdem Konsequenzen ziehen wird. Man wird einen langsamen Umbruch vollziehen, aber erst einmal hat die Trainersuche höchste Priorität.

Man hat zum Beispiel auch einen Fehler beim Abgang von Nick Petersen eingeräumt. Er war einer der wichtigsten Leistungsträger in der Vizemeister-Saison, doch letztendlich wechselte er nach Österreich. Richer meinte, man habe früh mit ihm gesprochen, doch da hat er sein Ziel KHL geäußert und dann ist es natürlich schwer, so einen Spieler zu halten, denn die KHL ist noch einmal eine andere Hausnummer. Und dann kam doch alles anders als gedacht und Richer gestand Fehler ein, dass man Petersen dann hat zu einfach ziehen lassen, weil man eben dachte, er würde in die KHL gehen. Man hätte mehr Geduld haben müssen, hätte dran bleiben müssen.

Diese Saison ist aber nun eh für viele Fans gelaufen und nicht wenige Fans wünschen sich ein frühes Saisonende nach der Hauptrunde. Aber nun sagten die Verantwortlichen ja, man würde selbst bei Erreichen der Playoffs Konsequenzen nach dieser Saison ziehen. Angesprochen darauf, welche Philosophie die Eisbären überhaupt verfolgen, antwortete Richer:

Unsere Philosophie ist es, erfolgreich Eishockey zu spielen. Wir wollen offensiv spielen, wir wollen Tore schießen.

Die Eisbären verfolgen seit Jahren das Ziel Top-4, doch sind wir ehrlich, schon seit der letzten Meisterschaft 2013 sind einige Dinge schief gelaufen, auch schon in der letzten Meistersaison wurden viele Fehler gemacht, aber der Titel hat vieles verdeckt. So war es auch mit der letzten Saison, welche mit der Vizemeisterschaft und der knappen Entscheidung in Spiel Sieben nach außen hin sicher eine klasse Saison darstellen mag, aber auch da liefen viele Dinge nicht so gut wie es aussah.

Stéphane Richer ist vor drei Jahren mit einem Drei-Jahres-Plan angetreten. Man hatte natürlich am Ende das Ziel, Meister zu werden. Man hat sich über das Halbfinale im ersten Jahr ins Finale im zweiten Jahr vorgearbeitet. Klar hatte man dann für diese Saison das große Ziel Meisterschaft ausgegeben, aber dieses werden die Jungs wohl deutlich verfehlen und daran sind einige Punkte dran schuld.
Man habe wie bereits erwähnt immer das Ziel Top-4, man wolle sich auf der deutschen Seite verjüngern und hat dies in der vergangenen Saison auch getan mit dem Trade mit Ingolstadt, als man sich im Tausch Thomas Oppenheimer und Martin Buchwieser sicherte. Man hat einen Weg eingeschlagen und diesen versuchen die Eisbären auch zu verfolgen. Aber viele Fans würden sich wünschen, dass die Verantwortlichen viel offener mit den Fans umgehen und sagen, was sie vor haben. Keiner hat damit ein Problem, mal drei schlechte Jahre während eines Umbruchs zu haben. Wenn man einen Plan verfolgt, an diesem festhält und junge Spieler einbauen möchte, dann dauert das eben seine Zeit, aber wenn man weiß, was der Verein vor hat, dann werden die Fans diesen Weg mitgehen und viel Geduld zeigen.
Aber wenn man dann so eine Saison wie diese sieht, wo man sich denkt, die Spieler auf dem Eis haben keinen Bock und den Verantwortlichen ist alles egal, dann wird man zu Recht sauer und machte bereits mehrfach berechtigterweise seinem Unmut deutlich. Aber wenn die Eisbären so offen agieren würden, wie sie es heute teilweise getan haben, dann wäre vieles einfacher und die Fans würden viele Dinge viel besser verstehen und nachvollziehen können.

Beenden wollen wir den Bericht mit den Worten von Trainer und Sportdirektor Stéphane Richer, welche er zu Beginn des Abends gesagt hatte:

Ich bin ein Mensch wie Ihr. Ein Eisbär wie Ihr. Ich war in Mannheim, Frankfurt und Hamburg. Aber die Vergangenheit ist Vergangenheit. Ich bin Eisbär durch und durch. Ich will immer gewinnen und gebe immer mein Bestes.

Stefan Ustorf: „Das ist mit Sicherheit der absolute Tiefpunkt“

Nun sind ein paar Stunden seit dem 0:7-Debakel der Eisbären Berlin gegen die Adler Mannheim vergangen. Die Wut und die Enttäuschung sitzen jedoch immer noch sehr tief. Nach dem gestrigen Spiel stand Stefan Ustorf, der Leiter für Spielerentwicklung und Scouting, den Fans Rede und Antwort beim Fantalk nach dem Spiel. Und der ehemalige Eisbären-Star nahm dabei auch kein Blatt vor den Mund und machte seine Enttäuschung über die momentane Situation mehr als deutlich:

Ich bin jetzt seit 2004 hier und das ist mit Sicherheit der absolute Tiefpunkt, da brauchen wir nicht um den heißen Brei herum reden. Was im Augenblick passiert ist der absolute Tiefpunkt. Wir müssen jetzt zusammen, aber wirklich nur zusammen, Wege finden, um uns aus dieser Situation herauszuarbeiten. Arbeit ist glaub ich das absolut richtige Stichwort dafür. Es ist Arbeit, Arbeit, Arbeit. Jeder Einzelne muss in den Spiegel schauen, muss aufhören mit den Fingern zu zeigen, muss sich selber hinterfragen, ob er alles, was ihm möglich ist, tut, um aus dieser Situation herauszukommen. Es geht nur über malochen.

Dabei musste man der Mannschaft gestern Abend zu Gute halten, dass das erste Drittel nicht schlecht war, die Jungs gut spielten und sich auch richtig gute Torchancen erspielten. Nur konnten sie diese nicht nutzen und kassierten dann aus dem Nichts heraus das 0:1, was letztendlich der Anfang vom Ende war. Von da an war die Verunsicherung wieder zurück in den Köpfen der Spieler und sie ergaben sich ihrem Schicksal. Stefan Ustorf dazu:

Wir hatten im ersten Drittel mit Sicherheit ein Chancenplus, hatten die besseren und klareren Torchancen. Haben dann mit dem zweiten Schuss gegen uns gleich das 1:0 bekommen. Aber im ersten Drittel eigentlich ein solides Drittel gespielt. Wir sind dann aber aufgrund dieser zwei Gegentore auch mental wieder komplett auseinander gefallen. Wir haben dann wieder grobe, individuelle Fehler gemacht. Die Fehler, die wir machen, sind einfach nicht akzeptabel. 

Mit der Kritik waren aber keinesfalls die jungen Burschen um Vincent Hessler, Charlie Jahnke, Maximilian Adam, Erik Mik, Cedric Schiemenz und Nino Kinder gemeint. Viel mehr nimmt Ustorf die erfahrenen Spieler, die vermeintlichen Leistungsträger in die Pflicht, aber von denen ist derzeit nichts, aber auch wirklich rein gar nichts zu sehen:

Wir haben sieben Spieler heute in der Aufstellung gehabt, die 20 Jahre oder jünger sind. Da kann ich keinem Einzelnen einen Vorwurf machen. Die Jungs gehören hier noch nicht her in diesem Augenblick. Mir wäre es viel lieber, wenn die Alle eine komplette Saison in der zweiten Liga spielen könnten und sich entwickeln. Die sind einfach noch nicht so weit. Wir sind gezwungen, sie in dieser jetzigen Situation zu benutzen. Wir haben zehn Verletzte, das ist nun mal ein Fakt. Aber dann muss ich von meinen erfahrenen Spielern auch erwarten können, dass sie in so einer Situation die Führungsrolle übernehmen und eben nicht diejenigen sind, die die Fehler machen. Und das war heute leider nicht der Fall.

Und Ustorf führte sein Fazit über die jungen Spieler noch weiter aus, machte noch einmal deutlich, wie zufrieden er mit denen war:

Eric Mik hat seine Zweikämpfe zum großen teil gewonnen, hat wenig Fehler gemacht. Nino ist 17 Jahre alt und macht heute sein erstes Spiel gegen Mannheim, schießt beinahe ein Tor. Natürlich sind da Momente dabei, wo er auf verlorenen Posten ist. Das ist ja auch Wahnsinn, irgendetwas anderes von ihm zu erwarten. Aber wie gesagt, von den Jungs kann man keinem einen Vorwurf machen. Sie haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten wirklich das Maximum herausgeholt, aber das kann man eben nicht von allen sagen.

0:4 lagen die Eisbären nach 40 Minuten hinten. Auf die Frage, wie man dann als Spieler in so ein Schlussdrittel gehen müsste, antwortete Stefan Ustorf sehr ausführlich. Und er weiß, wovon er redet, schließlich war Ustorf zu Spielerzeiten keiner, der ein Spiel frühzeitig verloren gab und aufgegeben hatte, Ustorf kämpfte immer bis zur letzten Sekunde, nur das tut seine aktuelle Mannschaft überhaupt nicht:

Es fängt meiner Meinung nach mit der Körpersprache an. Es fängt damit an, dass ich das ganze Stadion und den Gegner sehen lasse, wie schlecht es mir im Augenblick geht, wie leid ich mir selber tue, wie frustriert das alles ist. Wenn ich nur so in der Gegend herum fahre, dann baut sich Mannheim natürlich daran auf. Es wird dir von klein auf bei gebracht, konzentriere dich auf die kleinen Dinge, auf deinen nächsten Wechsel, auf deine nächste Situation. Geh aufs Eis, du hast einen Job beim Bully, erfüll den Job. Mehr nicht, mach dir keinen Kopf darum, was in 17 Minuten oder so ist. Sondern mach den Job, den du da hast und bau Stein auf Stein auf und arbeite dich so in ein Spiel zurück. Aber die Frustration ist ja wirklich jedem auch anzusehen und das ist schon mal ein Riesenfehler meiner Meinung nach. 

Morgen Nachmittag reisen die Eisbären erneut nach Wolfsburg zum „Rückspiel“ in die Autostadt. Dort verlor man vor einer Woche mit 2:4 und zeigte lediglich zehn Minuten eine kämpferische Leistung und kam nach einem 0:3 noch einmal auf 2:3 heran. Stefan Ustorf nimmt nun die Führungsspieler in die Pflicht, von denen muss nun mal ein Signal kommen. Doch ob dieses kommen wird, bleibt wohl auch für ihn fraglich, jedenfalls ist er im Moment mehr als enttäuscht über die aktuelle Situation in Berlin:

Jetzt sind die Führungsspieler gefragt, da ist jetzt die Gruppe der Leader gefragt, die jetzt in dieser Kabine die Arbeit zu leisten haben. Die außer ihnen keiner leisten kann. Es ist kein anderer in der Kabine außer den Spielern, die wir jetzt haben und das heißt, dass diejenigen auch dafür verantwortlich sind, was in der Kabine passiert und was dann aus dieser Kabine herauskommt. Und die Führungsspieler oder alle zusammen, ist mir auch völlig Wurscht wenn das jetzt ein 20-jähriger ist, der dann die richtigen Sachen macht. Aber irgendjemand muss anfangen, Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für seine eigene Leistung übernehmen und dann kann man darauf aufbauen. Aber es muss auch mal irgendetwas kommen, es muss ein Zeichen kommen aus dieser Kabine heraus, dass man mit dieser Situation nicht zufrieden ist. Im Augenblick ergibt man sich, ich sehe kein Aufbäumen, ich sehe nichts, ich sehe niemanden, dem ich ansehe, dass ihn das vielleicht stört. Es ist wahnsinnig enttäuschend im Moment.

Und Stefan Ustorf griff die Mannschaft weiter an:

Es steht im Moment keine Einheit auf dem Eis. Ich habe nicht das Gefühl, dass jeder für jeden arbeitet. Keiner ist bereit, Verantwortung für seine eigene Leistung zu übernehmen. 

Foto: eisbaerlin.de/niklas

Hut ab vor Stefan Ustorf, der sich gestern Abend nach dem 0:7 gegen Mannheim den Fans stellte und auch die Fragen sehr geduldig und sachlich beantwortete und eine schonungslose Analyse über die derzeitige Situation abgab. Man kann nur hoffen, dass er diese Sachen auch den Spielern so direkt ins Gesicht gesagt hat und dass diese endlich aufwachen und anfangen zu kämpfen. Denn Worte haben wir Fans in dieser Saison schon zu oft gehört, es ist nun mal an der Zeit, dass den Worten auch Taten auf dem Eis folgen und die Spieler wieder für die Eisbären Berlin alles geben, bis zum Ende des Spiels kämpfen und zeigen, dass sie das Spiel gewinnen wollen. Lustlos über das Eis sind sie jetzt lange genug geschlittert, fangt endlich an, wieder Eishockey zu spielen.