Serge Aubin: „Es wächst wieder was zusammen“

Die Eisbären Berlin stehen nach aktuell 40 absolvierten Spielen auf dem enttäuschenden 13. Platz. Der Abstand auf Platz zehn, welcher für die Pre-Playoffs reichen würde, beträgt zehn Punkte. Ebenso zehn Punkte beträgt der Vorsprung auf Platz 14, welcher ein möglicher Abstiegsplatz wäre. Das aber auch nur, wenn in der DEL2 Kassel, Dresden oder Krefeld die Meisterschaft holen und somit aufsteigen würden. Rein rechnerisch kann es also noch in beide Richtungen für die Berliner gehen. Pre-Playoffs oder Abstieg.

Doch mit dem umstrittenen 4:3-Sieg n.V. gegen Augsburg vom Freitagabend haben die Eisbären sich zumindest ihren Vorsprung auf die Abstiegszone gehalten und sogar um einen Punkt ausgebaut. Mit den von Marcel Noebels nach dem Sieg in Nürnberg anvisierten drei Punkten wurde es zwar nichts, aber dennoch hatte man gewonnen. Der Berliner Stürmer hatte im Vorfeld des Abstiegsduells die leise Hoffnung, mit einem Sieg nochmal an den Top-10 ankratzen zu können. Und der Abstand auf eben jenen zehnten Platz ist genauso groß wie der Vorsprung auf Rang 14.

Und doch sollten die Eisbären diesbezüglich nicht in Euphorie geraten, was sie aber auch nicht tun. Man schätzt die Situation im Moment genau richtig ein, lässt aber auch durchblicken, dass man nach wie vor noch den Traum von den Pre-Playoffs hat, wie Stürmer Frank Mauer nach dem Sieg gegen Augsburg sagte:

Für uns ist jetzt jedes Spiel ein kleines Endspiel, vor allem mit dem Ziel, dass wir noch in die Pre-Playoffs kommen wollen. Wir gehen jetzt Schritt für Schritt und dürfen nicht nach den Sternen greifen. Wir müssen jedes Spiel einzeln nehmen und dann schauen, was passiert.

Und genau das sollten sie auch machen. Man sollte jetzt nach zwei Siegen in Folge nicht schon wieder in Träumereien verfallen und von den Playoffs träumen. Denn gerade das Spiel gegen Augsburg hatte wieder die zwei Gesichter der Eisbären in dieser Saison gezeigt. Aber auch das hat man inzwischen selbst gemerkt und redet sich die Spiele nicht mehr schön, wie es vor Wochen noch der Fall war. Da wurden selbst schlechte Spiele als ein Schritt nach vorne verkauft. Das Spiel gegen den AEV ordnete Frank Mauer genau richtig ein:

Wir haben heute wieder die zwei Gesichter gezeigt. Das erste Drittel war eigentlich sehr gut, dann haben wir den Faden verloren und leichte Gegentore bekommen. Dann liegst du zurück, aber wir haben uns daraus gekämpft. Das spricht auch dafür, dass wir die Situation angenommen haben, wie sie ist. Wir sind mit anderen Erwartungen in die Saison gegangen, aber jetzt ist es so wie es ist. Aber wir wollen natürlich das Bestmögliche.

Frank Mauer (Foto: eisbaerlin.de/walker)

Und das sind in dieser Saison eben maximal die Pre-Playoffs. Und der Trend im Jahr 2023 spricht durchaus für die Chance der Eisbären. Denn von den bisher fünf ausgetragenen Spielen im neuen Jahr konnte man drei gewinnen. Die Siege gelangen in den letzten vier Spielen. Damit stehen die Eisbären in der Jahrestabelle aktuell auf Platz sieben mit acht Punkten. Die drei Teams, welche aktuell noch vor den Berlinern stehen und welche man überholen müsste, um noch Platz zehn zu erreichen, stehen in diesem Jahr noch hinter den Hauptstädtern. Iserlohn steht mit zwei Siegen und sieben Punkten aus fünf Spielen auf Platz acht. Die Roosters haben aber in vier der fünf Spielen gepunktet. Schwenningen kommt auf einen Sieg aus fünf Spielen und fünf Punkten. Das reicht für Platz 13 im Jahr 2023. Zwei der vier Niederlagen setzte es erst nach Verlängerung bzw. Penaltyschießen. Und die Löwen Frankfurt kommen ebenso nur auf einen Sieg aus fünf Spielen und nur vier Punkten, da nur eine der vier Niederlagen im Shootout kassiert wurde. Die Tendenz spricht also für die Berliner.

Doch was haben die Eisbären in diesem Jahr anders gemacht? Schließlich setzte es vor dem Jahreswechsel noch in den drei Auswärtsspielen drei Niederlagen. Doch bereits dort war Trainer Serge Aubin mit der Leistung seiner Mannschaft zufrieden, wie er am Freitag auf der Pressekonferenz sagte. Der Berliner Coach blickte dort noch einmal auf die letzten Wochen seit November zurück und hofft darauf, dass der Comeback-Sieg gegen Augsburg der Mannschaft einen Push geben wird:

Ich hoffe, dass uns der Sieg einen Push geben wird. Im November mussten wir von neun Spielen siebenmal in die Overtime oder ins Shootout. Nach Weihnachten hatten wir drei Auswärtsspiele in Folge, wo wir sehr gut gespielt haben. Jetzt haben wir drei Siege aus vier Spielen geholt. Es wächst wieder was zusammen.

Ein großer Faktor, weshalb es 2023 so gut für die Eisbären läuft, ist allen voran das Powerplay. In der Liga steht man insgesamt auf Rang zwei mit einer Erfolgsquote von 29,46 Prozent. Aber im Jahr 2023 hat man bisher das mit Abstand beste Powerplay. 13-mal durfte man in den fünf Spielen in Überzahl ran, achtmal entstand daraus ein Tor, was eine Erfolgsquote von 61,54 Prozent macht. Ein echtes Faustpfand also, was man vor allem am Freitag gesehen hatte, als man die drei Tore in der regulären Spielzeit allesamt in Überzahl erzielte.

Serge Aubin (Foto: eisbaerlin.de/walker)

Top-Scorer in den fünf Spielen in diesem Jahr ist Zach Boychuk mit zwei Toren und fünf Vorlagen. Doch der Stürmer scort generell in dieser Saison schon sehr gut. Für mich ist vor allem Morgan Ellis in diesen fünf Spielen die Überraschung. Vor den fünf Spielen im neuen Jahr kam er in 34 Spielen auf zehn Scorerpunkte (zehn Assists). In den fünf Spielen kam er auf fünf weitere Scorerpunkte (ein Tor/vier Vorlagen). Der Verteidiger kommt damit zusammen mit Boychuk und Marcel Noebels auf einen Punkteschnitt von 1,00 pro Spiel im Jahr 2023. Boychuk sogar auf 1,40.
Was für mich auch ein Faktor für den Aufschwung ist, ist der Fakt, dass die 13 Tore von zehn verschiedenen Spielern erzielt wurden und dabei keiner mehr als zwei Tor erzielt hat. Was die Eisbären vor dem Tor schwerer auszurechnen macht. Wobei natürlich so ein richtiger Goalgetter auch schön wäre.

Aber was haben die Eisbären nun anders gemacht als noch in 2022? Frank Mauer mit dem Versuch einer Erklärung:

Wir haben viele Sachen angesprochen und Dinge umgestellt. Wir haben jetzt in den letzten vier Spielen drei gewonnen. Das kann man ja auch mal als Teilerfolg sehen, aber das reicht uns natürlich nicht. Wir müssen da trotzdem noch ein paar Schippen drauflegen, was wir auch können.

Das große Problem der Eisbären war aber in dieser Saison bisher, dass man es kaum mal geschafft hat, über 60 Minuten sein Spiel durchzuziehen. Da gab es in diesem Jahr auch schon wieder genügend Beispiele (München, Köln, Augsburg). Zudem schaffte man es in dieser Saison einfach nicht, mal mehrere Spiele in Serie zu gewinnen. Die längste Serie hatte man Anfang Oktober (!) mit drei Siegen in Folge. Der Sieg gegen Augsburg war der zweite Sieg in Serie. Das war zuletzt am 09. Oktober 2022 gelungen.

Schafft man es nun endlich mal mehr als drei Siege in Serie zu holen? Will man die Pre-Playoffs erreichen und das Abstiegsgespenst endgültig aus der Hauptstadt verbannen, wäre dies von Nöten. Wenn man in den nächsten Spielen weiterhin die Leidenschaft der letzten Spiele an den Tag legt, dann ist das durchaus möglich. Dafür muss man aber weiterhin daran arbeiten, die immer noch zahlreich vorhandenen individuellen Fehlern abzustellen oder zumindest zunächst einmal zu minimieren. Dann muss man von der Strafbank fernbleiben und die unnötigen Strafzeiten weglassen. Vor dem Tor sollte man seine Chancen eiskalt verwerten und hinten defensiv weiter so kompakt stehen. Dann kann man seinen Teil dazu leisten, um die Chance auf Platz zehn am Leben zu erhalten. Dafür müssen aber auch die Konkurrenten mitspielen. Und generell sollte es in erster Linie erst einmal darum gehen, den Klassenerhalt so schnell wie möglich zu sichern.

Von den noch verbleibenden 16 Spielen muss man noch je achtmal zu Hause und achtmal auswärts ran. Die Schlüsselspiele im Kampf um den Klassenerhalt und Platz zehn hat man dabei noch vor der Brust. Im Kampf um den Klassenerhalt geht es noch zweimal gegen Augsburg (je einmal zu Hause und einmal auswärts). Im Kampf um Platz zehn trifft man noch je zweimal auf Aufsteiger Frankfurt und Schwenningen (je einmal heim und einmal auswärts) sowie einmal auf Iserlohn (auswärts). In diesen direkten Duellen sind Punkte Pflicht, will man das neue Saisonziel Platz zehn noch erreichen. Punkte in den anderen Duellen wären dann Bonuspunkte, mit Ausnahme vom letzten Gastspiel in Bietigheim, wo man angesichts der aktuellen Situation von drei Pflichtpunkten sprechen muss. Allerdings sollte man den Tabellenletzten nicht auf die leichte Schulter nehmen, kämpfen die Steelers doch noch um Platz 14 und die Minimalchance auf den Klassenerhalt. Was aber nur klappt, wenn es keinen Aufsteiger aus der DEL2 gibt.

Die kommenden Wochen werden entscheiden, in welche Richtung die Eisbären ihre Saison kippen werden. Startet man endlich die lang ersehnte und angesprochene Siegesserie und greift somit nochmal im Kampf um Platz zehn ein? Oder bleibt mein seiner abwechselnden Leistungen treu und muss bis zum Hauptrundenende um den Klassenerhalt zittern? Der Trend lässt auf Szenario eins hoffen. Aber die Eisbären sind eben eine Wundertüte in dieser Saison.

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