Nur Platz Acht zur Halbzeit in der DEL-Saison: Viele Baustellen bei den Eisbären Berlin


Halbzeit in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Und nach der sehr starken letzten Saison, als die Eisbären in der Hauptrunde fast ausnahmslos unter den Top-3 der Liga mit München und Nürnberg waren und mit den beiden Teams bis zum Ende um Platz Eins gekämpft hatten, stehen die Eisbären nach 26 Spieltagen auf einem sehr ernüchternden achten Platz in der Tabelle. Zwar hat man nur drei Punkte Rückstand auf den Sechsten Ingolstadt, jenen Platz, der zur direkten Viertelfinal-Qualifikation reichen würde, was ja das Saisonziel ist und satte elf Zähler Vorsprung auf den Elften Iserlohn. Doch so richtig überzeugen konnten die Eisbären in dieser Saison bislang nur sehr, sehr selten.

Nach dem in der letzten Saison nur ein Sieg zum achten Titel gefehlt hat, hakt es in dieser Saison bisher fast überall beim Hauptstadt-Club und dass die Fans nicht zufrieden mit der bisherigen Leistung sind, machten sie am Sonntagnachmittag nach der Schlusssirene deutlich, als man gegen den Tabellenvorletzten Wolfsburg mit 1:4 verloren hatte.
Es war bereits die zweite derbe Heimpleite in Folge, zuvor setzte es ein 0:4 gegen Köln, da zeigte man über 60 Minuten eine mehr als ernüchternde und peinliche Vorstellung. Gegen Wolfsburg spielte man zumindest ein gutes erstes und in Ansätzen gutes zweites Drittel, nur am Ende nutzte man seine Chancen nicht, spielte zu kompliziert, fand keinen Weg gegen die Defensive der Niedersachsen und leistete sich zu viele leichtfertige Scheibenverluste.
Zwei Heimspiele, zwei Heimniederlagen in Folge bei 1:8-Toren und das einzige Tor erzielte mit Jonas Müller auch noch ein Verteidiger. Das entspricht einfach nicht den Ansprüchen der Eisbären, die nach der letzten Saison gehofft hatten, dass es in dieser Saison nun zum großen Wurf reichen würde.

Nur vom Gewinn der achten deutschen Meisterschaft ist die Mannschaft meilenweit entfernt. Und das hat mehrere Gründe. Was in sehr vielen Spielen auffällt, der Mannschaft mangelt es an einem erkennbaren Spielsystem. So richtig weiß man auch nach 26 Spielen immer noch nicht, welches System der neue Chefcoach Clément Jodoin spielen lassen will. Da wird die Scheibe manchmal zu oft sinnlos tief gespielt und zum Wechseln gefahren. Man fragt sich einfach, welche Philosophie Jodoin seinem Team vermitteln will, es wird nur schwer deutlich.

Dann mangelt es den Eisbären an der nötigen Konstanz. Mehr als drei Siege in Folge gelangen den Berlinern bisher nicht, mehr als zwei Niederlagen in Serie setzte es aber auch nicht. Der Mannschaft gelingt es einfach nicht, mal eine Serie mit fünf, sechs, sieben Siegen am Stück zu starten. Weil es dem Team auch nicht gelingt, konzentriert über 60 Minuten Eishockey zu spielen. Nur mit einem oder zwei guten Dritteln gewinnst du in dieser Liga einfach keine Spiele. Da musst du über 60 Minuten wach sein, sonst hast du keine Chance. Clément Jodoin dazu:

Die Liga ist sehr, sehr ausgeglichen. Die Teams im unteren Bereich haben sich auf alle Fälle verbessert. Auch wenn man sich jetzt Mannheim anschaut, die jetzt vier Spiele in Folge verloren haben, es ist einfach sehr, sehr eng. Und auf dem Papier gewinnt man keine Spiele sondern nur auf dem Eis.

Aber nicht nur die mangelnde Konstanz und das fehlende Spielsystem sind Gründe für die bisher nicht so gute Saison. Die Eisbären taten sich in der vergangenen Saison schwer, in Überzahl zu treffen, dafür trafen sie bei 5-gegen-5 umso besser. Dieses Jahr ist es genau umgekehrt. Die Berliner haben das fünftbeste Powerplay der Liga, erzielten dabei 22 Tore. Bei 70 Saisontoren heißt das auch, dass man gerade einmal 48 Treffer bei 5-gegen-5 erzielt hat, das ist einfach zu wenig und Jodoin weiß, dass das besser werden muss:

Tore bei 5-gegen-5 zu schießen, da haben wir sehr wenig in dieser Saison bisher seit Beginn geschossen und tun uns weiterhin sehr schwer. Da müssen wir unbedingt besser werden.

Generell fällt den Hauptstädtern aber das Tore schießen schwer, hat man mit den 70 Toren doch nur den zwölftbesten Angriff der Liga. Einzig Wolfsburg als Vorletzter und Schwenningen als Letzter haben eine noch schlechtere Offensive als die Eisbären. Und das sagt doch eigentlich schon alles aus.
Aber woher sollen die Tore auch kommen. Viele Leistungsträger laufen ihrer Form meilenweit hinterher, konnten dem Team bisher noch nicht weiterhelfen. Einzig Jamie MacQueen und Brendan Ranford konnten mit je 10 Treffern bisher überzeugen. Dass mit Neuzugang Florian Kettemer ein Verteidiger mit acht Toren der drittbeste Torschütze der Eisbären ist, macht die Misere im Sturm nur noch mehr deutlich. Von Sean Backman, André Rankel, Louis-Marc Aubry oder Florian Busch – um nur mal einige Spieler zu nennen – muss einfach mehr kommen bzw. kam im letzten Jahr wesentlich mehr.

In den letzten beiden Heimspielen enttäuschten die Eisbären dann ihre Fans mit teils uninspirierten Leistungen, das war erschreckend schwach, was man da unten auf dem Eis zu sehen bekam und man fragte sich, wann die Eisbären das Eishockey spielen verlernt haben, schließlich war man in der letzten Saison nur einen Sieg von der Meisterschaft entfernt. Dass die Fans dann irgendwann mal ihren Unmut äußern, kann Clément Jodoin nachvollziehen:

Ich kann die Fans verstehen. Das ist kein Amateursport, das ist Profisport. Und wenn man sich ein Ticket kauft, hat man natürlich alles Recht der Welt, auch unzufrieden zu sein.

Platz Acht mit 41 Punkten, elf Siegen, elf Niederlagen und vier Siegen nach Verlängerung/Penalytschießen, nein, das entspricht einfach nicht den Ansprüchen der Eisbären Berlin. Und wer weiß, wo das Team in der Tabelle stehen würde, wenn der nachverpflichtete Goalie Kevin Poulin den Eisbären nicht in so manchem Spiel den Hintern gerettet hätte und somit einige Punkte für das Team sicherte. Ohne ihn wäre man wahrscheinlich außerhalb der Top-10.

Die guten Spiele der Eisbären in dieser Saison kann man wahrscheinlich an einer Hand abzählen. Klar, die beiden Siege gegen den Erzrivalen Adler Mannheim zählen auf jeden Fall dazu. Da hat man gesehen, zu was die Eisbären in der Lage sind, wenn man über 60 Minuten sein Spiel konzentriert durchzieht, mannschaftlich geschlossen kämpft und bis zur letzten Sekunde an den Sieg glaubt. Oder aber das 4:2 in Ingolstadt, auch da konnten die Eisbären überzeugen. Aber die Enttäuschungen und schlechten Auftritte überwiegen einfach und machen Sorgen vor der zweiten Saisonhälfte, in der es darum geht, sich die bestmöglichste Ausgangsposition für die Playoffs zu sichern. Spielen die Eisbären jedoch so weiter, wie in den ersten 26 Spielen, wird es allenfalls etwas mit einem Platz in den Pre-Playoffs werden, wenn überhaupt.

Die Mannschaft muss einfach alle offenen Baustellen angehen und bearbeiten. Man muss versuchen, bei 5-gegen-5 wieder gefährlicher zu werden. Man muss vor allem an der Chancenverwertung arbeiten. Man muss endlich ein System finden, welches man dann im Spiel auch erkennen kann. Die Mannschaft sollte über 60 Minuten konzentriert zu Werke gehen und ihr Spiel durchziehen. Man sollte die vielen unnötigen Scheibenverluste abstellen. Und natürlich, ein Fakt, der noch gar nicht angesprochen wurde, die Eisbären müssen dringend disziplinierter spielen, müssen von der Strafbank fern bleiben. In der Strafzeiten-Statistik stehen die Eisbären nur auf Platz Zwölf, haben die meisten Zwei-Minuten-Strafen der Liga kassiert. Auf der Strafbank gewinnst du eben keine Spiele.

Und man sollte Kevin Poulin mehr unterstützen. Der Goalie kann dem Team nicht immer helfen und an seinen Reaktionen sieht man häufig, dass er es manchmal selbst nicht verstehen kann, was seine Vorderleute da eigentlich treiben.

Worauf es in der zweiten Saisonhälfte ankommt, sagte Trainer Clément Jodoin auf der Pressekonferenz nach dem Wolfsburg-Spiel am Sonntag:

In der zweiten Hälfte ist nicht mehr das Talent entscheidend sondern das man hart arbeiten und jedes Spiel präsent sein muss.

Schauen wir mal, ob der Trainer das auch seinem Team mit auf den Weg gegeben hat und ob dieses das auch umsetzen wird. Und ob man die vielen Fehler und Mängel – der Trainer nennt es Kleinigkeiten – abstellt und die Aufholjagd und endlich mal eine richtige Siegesserie startet. Denn wenn es so weitergeht, dann könnte die Saison in diesem Jahr bereits nach 52 Spieltagen beendet sein.

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