Ausgabe #20:
Die Eisbären Berlin haben am Sonntagnachmittag das Bruderduell gegen die Hamburg Freezers mit 4:3 (0:1, 1:2, 2:0/ 0:0, 1:0) n.P. gewonnen. Für die Berliner war es der dritte Sieg in Folge. Man könnte also meinen, alles wäre prima in der Hauptstadt. Denkste! Denn der Sieg gegen Hamburg war heute mehr als glücklich gewesen. 12.560 Zuschauern sahen vor allem in den ersten 40 Minuten eine erschreckend schwache und sehr verunsicherte Berliner Mannschaft. Hätten die Hamburger im letzten Drittel das Eishockey spielen nicht eingestellt, wären sie hier mit einem Kantersieg nach Hause gefahren. Die Hanseaten werden sich wahrscheinlich jetzt noch ärgern, dass sie die drei Punkte, die bereits auf dem Silbertablett vor ihnen lagen, nicht mitgenommen haben.
Die Eisbären hätten nach zuvor zwei Auswärtssiegen in Folge eigentlich mit jeder Menge Selbstvertrauen in diese Partie gehen müssen. Gingen sie aber nicht. Stattdessen wirkte die Mannschaft stark verunsichert, leistete sich zu viele Fehler im Spielaufbau und machte zu viele Fehlpässe. In der Offensive zeigte man sich wieder zu kompliziert. Immer dieses ständige hin und her passen geht einem so langsam aber sicher auf die Nerven. Zu selten traut sich da mal ein Spieler den Abschluss zu suchen. Und vor dem Tor stellt sich auch kein Spieler hin, der dem Goalie einfach mal versucht, die Sicht zu nehmen.
Alleine im ersten Drittel hatten die Hausherren vier Überzahlspiele. Genutzt haben sie diese jedoch nicht. Und es sah auch nicht wie Powerplay aus. Man fand fast gar nicht in die Formation. Zu oft versprang die Scheibe. Hamburg hatte leichtes Spiel, diese Unterzahlspiele zu überstehen.
Wie man so ein Überzahlspiel erfolgreich nutzt, haben dann die Hamburger in der siebten Spielminute gezeigt. Ganze 21 Sekunde hatte dieses Powerplay nur gedauert. Die Freezers waren schnell in ihrer Formation, Jerome Flaake mit dem Schuss von der blauen Linie. Petri Vehanen ließ nur prallen und Kevin Clark netzte zur Führung ein – 0:1. Auch so etwas, was die Eisbären nicht hin bekamen. Wenn der Freezers-Goalie mal prallen ließ, war keiner da, der den Nachschuss hätte verwerten können.
Beim Stand von 0:1 aus Eisbären-Sicht ging es in die erste Drittelpause. Die ersten zaghaften Pfiffe waren bereits im ersten Drittel von der Fankurve zu hören.
Die Hamburger zu Beginn des zweiten Drittels in Überzahl und nach zwei Minuten jubelten sie auch über das vermeintliche 2:0. Doch nach Ansicht des Videobeweises gaben die beiden Hauptschiedsrichter Roland Aumüller und Eric Daniels das Tor nicht.
Etwas überraschend kamen die Eisbären dann in der 25. Spielminute zum Ausgleich. Die Hamburger hatten gerade eine Chance vergeben, als sich Darin Olver auf den Weg Richtung Hamburger Tor machte. Er sah Petr Pohl am langen Pfosten, welcher den Puck im Tor von Sébastien Caron versenkte – 1:1.
War dieser Treffer nun die Wende in diesem Spiel? Sollten die Eisbären nun anders auftreten und Hamburg Gegenwehr bieten? Nein! Hamburg zeigte sich keinesfalls geschockt und die Eisbären schien dieser Ausgleichstreffer auch nicht neues Selbstvertrauen zu geben. Drei Minuten nach dem Ausgleich gingen die Freezers wieder in Führung. Kevin Clark mit dem Schuss, Vehanen ließ erneut nur prallen und diesmal war es Jerome Flaake, der den Abpraller verwertete – 1:2 (28.).
Eineinhalb Minuten später legte Hamburg sogar noch einen Treffer nach. Philippe Dupuis mit dem verdienten 3:1 für Hamburg (30.).
Nun fing die Stimmung in der Fankurve an zu kippen. „Wir wollen die Eisbären sehen“, „Wir wollen euch kämpfen sehen“, „Spielt doch wieder Eishockey“ und „Hallo Eisbären, schlaft ihr noch…“ wurde angestimmt. Die Fanszene ließ ihrem Frust freien Lauf. Und das hat schon was zu heißen, wenn fast die komplette Fankurve die Leistung der eigenen Mannschaft kritisiert. Aber die Geduld der Fanszene ist eben auch so langsam aber sich zu Ende. Man hätte bereits viel früher reagieren müssen, aber man stand eben dennoch wie eine Wand hinter den Eisbären. Heute bekamen die Eisbären jedoch ordentlich Gegenwind von der Fankurve. Diese beschäftigten sich den Rest des zweiten Drittels nur noch mit sich selbst und hatten ihren Spaß. Denn auf dem Eis sah man eh nur eine Truppe, die weiterhin verunsichert auftrat und überhaupt nicht als Mannschaft für den Erfolg kämpfte. Erneut versuchte man es nur mit Einzelaktionen, obwohl man weiß, dass diese in der Vergangenheit auch nicht viel gebracht hatten.
Mit einem 1:3-Rückstand ging es in die zweite Drittelpause. Die Eisbären wurden mit einem gellenden Pfeifkonzert verabschiedet. Das gab es schon lange nicht mehr. Die Geduld der Fans war am Ende angekommen.
Im letzten Drittel wurden die Eisbären dann aber wieder von der Fankurve unterstützt. Und man hatte auch irgendwie das Gefühl, als würden sich die Eisbären bemühen und für etwas Druck sorgen. Aber nach wie vor leistete man sich zu viele Fehler im Spielaufbau und zu viele Ungenauigkeiten vor dem Tor. Aber dennoch gelang den Berlinern der schnelle Anschlusstreffer. Diesmal konnte Caron einen Schuss nicht festhalten und die Eisbären hatten endlich einen Spieler genau an der richtigen Stelle stehen. Florian Busch mit der Rückhand zum 2:3 (42.).
Hamburg machte im Schlussdrittel den Fehler, nicht weiter Druck auf das Eisbären-Tor auszuüben. Denn dass die Eisbären verunsichert waren, wussten die Freezers. Und das hätten sie eiskalt ausnutzen und die Eisbären aus der Arena schießen können. Doch sie taten es komischerweise nicht. Hamburg zeigte sich nur noch selten vor Petri Vehanen und im eigenen Drittel ließ man die Eisbären nun machen. Diese stellten sich aber weiterhin sehr kompliziert an.
Doch irgendwie gelang es den Eisbären doch noch, den Ausgleich zu erzielen. Barry Tallackson mit dem Zuspiel auf Darin Olver, welcher frei vor Caron die Nerven behielt und zum 3:3 in Überzahl (!) traf (58.).
Hamburg dann zwei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit noch mit einer Riesenchance, doch Vehanen lenkte Jerome Flaakes Schuss mit einer klasse Parade noch an die Latte.
Beim Stand von 3:3 ging es dann in die Verlängerung. Während es für die Eisbären ein glücklicher Punkt war, mussten sich die Hamburger fragen, warum sie hier nicht alle drei Punkte mitgenommen hatten.
In der Verlängerung hatten dann die Hamburger die größte Chance zur Entscheidung. Christoph Schubert wurde auf dem Weg zum Tor von den Beinen geholt. Die beiden Hauptschiedsrichter entschieden auf Penalty, welchen Garrett Festerling jedoch verschoss.
Eine Minute vor dem Ende der Overtime kassierten die Freezers noch einmal eine Strafzeit. Die Eisbären nahmen daraufhin eine Auszeit, um sich bestens auf dieses Powerplay vorzubereiten. Hätte man sich sparen können, denn daraus wurde nichts, weil man wieder zu kompliziert spielte. Das Penaltyschießen musste also die Entscheidung bringen.
Und da trafen auf Berliner Seite Matt Foy und André Rankel, während auf Hamburger Seite Marty Sertich und Jerome Flaake vergaben. Die Eisbären holten sich also den Zusatzpunkt, während Hamburg mit nur einem Punkt die Heimreise in die Hansestadt antreten musste.
Was nach dem Spielende dann aber passierte, war einfach nur peinlich. Die Fans – vor allem die kleinen Kinder – warteten darauf, dass die Spieler zur Ehrenrunde auf das Eis zurück kommen. Was ja nach jedem Sieg der Fall ist. Nur heute haben alle Fans vergeblich auf die Mannschaft gewartet. Denn diese kam nicht mehr zurück. Und das ohne Begründung. Vermutlich waren die Spieler eingeschnappt, weil wir sie im Mitteldrittel stark kritisiert hatten. Wer – auf gut Deutsch gesagt – scheiße spielt, muss damit rechnen, dass irgendwann die Geduld der Fanszene ein Ende hat. Man hat die Mannschaft lang genug in schlechten Zeiten immer wieder aufgebaut, hat immer wieder hinter ihr gestanden. Nur irgendwann hat auch die Geduld von uns Fans ein Ende. Eine Mannschaft, die nur nach Lust und Laune spielt, die nicht als solche auftritt und die einfach nur unkonstante Leistungen abliefert, braucht sich dann nicht darüber zu wundern. Und die Reaktion der Mannschaft darauf war einfach nur peinlich. Und die Reaktion der Fanszene wird nicht auf sich warten lassen. Am Freitag steht das nächste Heimspiel an. Die Fans werden da sein, aber sicherlich noch eine Reaktion auf heute Nachmittag zeigen. Das Verhältnis zwischen Mannschaft und Fanszene droht zu kippen.
Sehr gut geschrieben. Daumen hoch
Vielen lieben Dank für Dein Lob! #walker