Die Eisbären Berlin in der Saison 2019/2020: Eine Spielzeit, in der es in den Playoffs hätte sehr weit gehen können

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Spätestens heute Nachmittag hätten alle acht Teilnehmer für das diesjährige Playoff-Viertelfinale in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) fest gestanden. Dann hätten auch Vorrundensieger EHC Red Bull München und der Titelverteidiger Adler Mannheim endlich ihren Gegner in der Runde der letzten Acht gehabt. Wir hätten uns mit der Vorschau auf die am Dienstag beginnende Viertelfinalserie gegen die Düsseldorfer EG beschäftigt. Die geilste Zeit des Jahres wäre eingeleitet worden. Doch daraus wurde leider nichts. Seit Dienstagabend ist die DEL-Saison 2019/2020 vorzeitig beendet, die Playoffs finden nicht mehr statt und es wird erstmals in der DEL-Historie keinen Deutschen Meister nach einer Spielzeit geben. So schade das alles ist, so vollkommen richtig ist diese Entscheidung der Liga-Verantwortlichen. Denn Eishockey ist für uns Fans die schönste Nebensache der Welt. Aber aufgrund des Coronavirus gab es nur eine einzige und richtige Option: vorzeitiger Saisonabbruch. Die Gesundheit aller ist wesentlich wichtiger als irgend ein Eishockeyspiel. Wir alle können nur hoffen, aus dieser Geschichte so unbeschadet wie nur möglich herauszukommen, um bald wieder in unseren geregelten Alltag zurückzukehren. Und irgendwann auch wieder die schönste Nebensache der Welt, nämlich Eishockey, in den Arenen dieses Landes zu verfolgen.

Doch trotz all dieser schrecklichen Ereignisse in den letzten Tagen und Wochen wollen wir nicht auf ein Fazit der DEL-Saison 2019/2020 verzichten. Wir wollen noch einmal auf die Saison der Eisbären Berlin zurückblicken, in dem Fall ja leider nur die Hauptrunde. Aber auch diese verdient es, analysiert zu werden.

Die vergangene Saison 2018/2019 war keine gute für die Berliner. Man erlebte eine sehr unruhige Spielzeit mit viel mehr Tiefen als Höhen und einem zwischenzeitlichen Trainerwechsel von Clément Jodoin zu Stéphane Richer. Lange Zeit musste man gar um die Teilnahme an den Pre-Playoffs bangen. Wobei viele Fans sich es sogar gewünscht hätten, man würde diese mal verpassen, damit in der Geschäftsetage der Hauptstädter endlich mal ein Umdenken in Sachen Kaderplanung stattfinden würde.
Doch nach der Länderspielpause starteten die Berliner eine Aufholjagd und alle fragten sich, was mit dieser Mannschaft in der Pause passiert war. Am Ende sicherte man sich doch noch Platz Neun und traf in den darauffolgenden Pre-Playoffs auf die Straubing Tigers, welche man in zwei Spielen ausschaltete. Im Viertelfinale bekam man es dann mit dem amtierenden Deutschen Meister EHC Red Bull München zu tun, gegen den man aber nach sechs Spielen den Kürzeren zog, in diesen Duellen aber angedeutet hatte, zu was diese Mannschaft eigentlich zu Leisten im Stande gewesen wäre.

Dennoch handelten die Verantwortlichen der Eisbären Berlin in der Sommerpause und so verließen gleich satte 14 Spieler den Verein. Man wollte also mit einem runderneuerten Team in die neue Saison gehen und da dann wieder angreifen. Dafür musste man auch schmerzhafte Entscheidungen treffen. Wobei schmerzhaft meistens eher auf die Fans zutrifft, die den ein oder anderen Liebling ab sofort nicht mehr im Eisbären-Trikot sehen konnten.

Hatte keinen so guten Stand bei den Eisbären-Fans: Sebastian Dahm (Foto: eisbaerlin.de/Jasmin und walker)

Auf der so wichtigen Torhüterposition wurde der Vertrag mit dem während der Hauptrunde verpflichteten Kevin Poulin nicht verlängert. Was aber nicht an seinen Leistungen lag, denn ohne ihn wäre man nicht mal in die Nähe der Pre-Playoff-Teilnahme gekommen. So lag es wohl viel mehr an seinem schwierigen Charakter, weshalb man ihn nicht länger in Berlin haben wollte.
Statt Poulin verpflichteten die Berliner den dänischen Nationalgoalie Sebastian Dahm (siehe Foto links), welcher vom Ligakonkurrenten Iserlohn Roosters an die Spree wechselte. Was vielen Fans jedoch nicht passte. Für sie war Dahm einfach keine etatmäßige Nummer Eins, was viele ihn auch immer wieder spüren ließen. Das verunsicherte Dahm anfangs natürlich auch, doch spätestens beim Duell gegen das NHL-Team Chicago Blackhawks zeigte er allen, was in ihm steckte und danach ging seine Formkurve steil nach oben. Dennoch war die Saison des Sebastian Dahms von vielen Höhen und Tiefen begleitet, zum Publikumsliebling schaffte er es demnach nicht bei allen Fans. Dennoch lässt sich seine Statistik sehen. In 34 Spielen kassierte er 86 Gegentore, hatte eine Fangquote von 90,52 Prozent und feierte während der Hauptrunde drei Shutouts.
Hinter Dahm standen eigentlich mit Marvin Cüpper und Maximilian Franzreb zwei junge Torhüter als Back-up parat, doch Cüpper verletzte sich erneut und Maximilian Franzreb traute man diese Rolle anscheinend nicht wirklich zu. Wie die Eisbären mit ihren Youngsters umgehen, ist hinlänglich bekannt und stößt allen Fans immer wieder sauer auf. Man hat schon einige Talente ziehen lassen, weil man deren Potential nicht erkannt hat.
So kam es, wie es kommen musste. Man zauberte Justin Pogge aus dem Hut, welcher aus Schweden von Södertälje SK in die Hauptstadt wechselte. Pogge sollte 17-mal zwischen den Pfosten stehen, kassierte dabei 38 Gegentore und wies eine Fangquote von 91,85 Prozent auf. Ihm gelang ein Shutout. Bei Pogge wechselte sich aber auch Licht und Schatten ab, auch er war nicht bei allen Fans der Eisbären beliebt, aber anscheinend mehr als Dahm. Seine manchmal riskante Spielweise sorgte für so manches graues Haar bei den Fans. Aber wenn diese Aktionen erfolgreich waren, so wie zuletzt beim abschließenden Hauptrundenspiel gegen Bremerhaven, als er das Tor von Mark Olver mit einem Sahne-Pass einleitete, dann musste man ihn dafür einfach loben.
Ob wir beide Goalies ab September jedoch wieder sehen werden, ist derzeit noch unklar. Beide haben aktuell keinen Vertrag für die neue Saison und dann wäre da ja noch das Gerücht mit Mathias Niederberger, welcher demnach in der nächsten Saison wieder im Berliner Tor stehen würde. Mit ihm würde den Berlinern ein Coup auf der Torhüterposition gelingen und sie wären schlagartig deutlich besser aufgestellt als mit Dahm und Pogge.

In der Defensive gab es gleich fünf Abgänge und noch heute schmerzt allen sehr wahrscheinlich der

War eine Top-Verstärkung in der Defensive und der punktbeste Verteidiger der Eisbären: Ryan McKiernan (Foto: Jasmin und Ela on Tour)

Abgang von Publikumsliebling Micki DuPont am meisten. Dazu verließen auch Youngster Maximilian Adam (zum Unmut vieler Fans), Jens Baxmann, Danny Richmond und Mark Cundari den Verein.
Dem gegenüber standen jedoch nur zwei Neuzugänge, wenn gleich diese keine schlechten waren. Ryan McKiernan (siehe Foto rechts) kam von der Düsseldorfer EG und John Ramage aus der AHL von den Binghamton Devils in die Hauptstadt. Beide hatten ihre Aufgaben in der Verteidigung. Während McKiernan durchaus in der Offensive Akzente setzen sollte, war es bei Ramage eher der defensivere Part, den er übernehmen sollte. McKiernan schlug voll ein und war am Ende der Hauptrunde mit 35 Scorerpunkten der fünftbeste Eisbär in der internen Scorerwertung. Sechsmal traf er selbst, 29 weitere Tore bereitete McKiernan vor. Für Ramage standen am Ende 13 Scorerpunkte (1 Tor/12 Vorlagen) zu Buche. Er verrichtete in der Defensive gute Arbeit, kann aber in der neuen Saison durchaus noch zulegen.

War die erhoffte Verstärkung im Sturm und sorgte für viele Tore im Eisbären-Trikot: Leo Pföderl (Foto: eisbaerlin.de/Jasmin und walker)

Auch in der Offensive verzeichneten die Berliner eine Vielzahl an Abgängen. Mit Jamie MacQueen verlor man den zweitbesten Scorer und mit 21 Toren besten Torjäger. Ihm wurde sein mangelndes Defensiv-Verhalten zum Nachteil. Ihm folgte Youngster Cedric Schiemenz in den Schwarzwald zu den Schwenninger Wild Wings, wo MacQueen ja bekanntlich die Saison nicht beenden sollte.
Die beiden Kumpels Brandon Ranford und Colin Smith konnten überhaupt nicht überzeugen und wurden somit gleich wieder weggeschickt. Die Verträge von Martin Buchwieser und Daniel Fischbuch wurden aufgelöst. Auch Thomas Oppenheimer und Charlie Jahnke hatten keine Zukunft mehr in Berlin. Das man vor allem bei Fischbuch einen Fehler gemacht hatte, zeigte er in Nürnberg, wo er die Saison mit 48 Scorerpunkten (19 Tore/29 Assists) als Top-Scorer beendete.
Aber natürlich hatten die Eisbären Verstärkungen parat und diese schlugen fast vollends ein. Allen voran natürlich der ehemalige Nürnberger Leo Pföderl (siehe Foto links), der nach Anfangsschwierigkeiten am Ende doch noch auf starke 37 Scorerpunkte (21/16) kam und damit in der internen Wertung auf Platz Drei landete. Maxim Lapierre mit 34 (11/23), der nachverpflichtete Landon Ferraro mit 21 (12/9) und PC Labrie mit 20 Scorerpunkten (11/9) spielten ebenso eine gute Saison und lieferten den Beweis dafür ab, dass sie eine gute Verstärkung für das Team waren.
Die größte Überraschung war aber mit Abstand Youngster Lukas Reichel, welcher in seine ersten Profisaison voll einschlug. Am Ende standen 24 Scorerpunkte (12/12) für den stark von der NHL umworbenen Youngster zu Buche. Man sollte nicht unbedingt davon ausgehen, dass wir ihn ab September wieder in Berlin auf dem Eis sehen werden. Sein Weg wird wohl aller Voraussicht nach in die NHL führen.
Auch zwei weitere Youngster machten auf sich aufmerksam. Sebastian Streu mit acht Scorerpunkten (6/2) und Fabian Dietz mit drei Scorerpunkten (1/2) spielten eine gute Saison. Ihnen gehört die Zukunft bei den Eisbären Berlin.

Seine Verpflichtung wurde vor der Saison massiv kritisiert, am Ende führte er die Eisbären aber zu Platz Vier und Heimrecht im Viertelfinale: Serge Aubin (Foto: eisbaerlin.de/Jasmin und walker)

Aber auch auf der wichtigen Position hinter der Bank gab es eine Veränderung. Serge Aubin (siehe Foto rechts) übernahm den Hauptstadtclub, begleitet von viel Kritik. Am Ende der Hauptrunde sollte diese aber verpufft sein, führte er die Eisbären doch mit seinen beiden Co-Trainern Craig Streu und Gerry Fleming auf einen starken vierten Platz, welcher vor Saisonbeginn auch das ausgegebene Saisonziel war. Dieses erreichten die Eisbären relativ problemlos am Ende, holten mit 94 Punkten satte 20 Zähler mehr als in der Vorsaison und erreichten sicher das Viertelfinale, in welchem sie Heimrecht gehabt hätten.

Doch auch wenn sich das jetzt alles so positiv liest, so einfach war der Saisonbeginn überhaupt nicht. Der war, genauso wie die Vorbereitung, sehr holprig. Gleich die ersten vier Testspiele setzte man in den Sand und schon sahen sich die Kritiker bestätigt. Darunter waren auch ein peinliches 4:5 beim Kooperationspartner Weißwasser sowie ein 3:8-Debakel bei Aubins Ex-Club Vienna Capitals.
Doch die Mannschaft riss sich zusammen und konnte die restlichen vier Testspiele gewinnen, darunter war auch ein 5:4-Sieg beim einzigen Heim-Testspiel im altehrwürdigen Wellblechpalast gegen die Tschechen vom HC Dynamo Pardubice. Man ging also mit gemischten Gefühlen in die neue DEL-Saison.

Sebastian Dahm mit einer seiner zahlreichen Paraden gegen Chicago. (Foto: eisbaerlin.de/walker)

Und man startete mit einem 4:1-Heimsieg gegen die Grizzlys Wolfsburg in die neue Spielzeit, man begeisterte die Fans schon im ersten Spiel mit tollen Kombinationen und schönen Toren. Doch schon am 2. Spieltag landete man wieder auf dem harten Boden der Realität, kam in Bremerhaven mit 0:5 unter die Räder und zeigte dabei eine vollkommen indiskutable Leistung.
Und so sollte es zunächst auch weitergehen. Heimspiele konnte man siegreich gestalten, auf fremden Eis war lange Zeit nichts zu holen. Zwischendurch gab es aber dann doch mal eine Heimniederlage, wenn gleich diese nach einer ganz starken Leistung gegen das NHL-Team der Chicago Blackhawks passierte, welchen man nach starkem Kampf am Ende mit 1:3 unterlegen war (siehe Foto links).
Kurz darauf folgte der Tiefpunkt in der noch jungen DEL-Saison, denn am 02. Oktober 2019 verloren die Eisbären trotz einer guten Leistung mit 1:3 bei den Iserlohn Roosters am Seilersee und stürzten ans Tabellenende. Man hatte anfangs noch Probleme mit dem neuen System von Serge Aubin, musste zudem viele neue Spieler integrieren. Dass das dauern würde, war allen Beteiligten aber im Vorfeld klar gewesen. Doch die Eisbären behielten die Ruhe und blieben geduldig.
Im darauffolgenden Auswärtsspiel gelang mit einem 2:1 bei den Augsburger Panthern der erste Auswärtssieg der Saison. Es war der Auftakt zu einer vier Spiele andauernden Siegesserie der Berliner, welche mit einem derben 0:4 in Düsseldorf enden sollte. Doch auch darauf antworteten die Eisbären mit zwei deutlichen Siegen gegen Nürnberg (6:2) und in Ingolstadt (4:1), ehe München die Siegesserie in der Arena am Ostbahnhof mit einem 5:3-Sieg beendete.
Der Mannschaft mangelte es während der Hauptrunde immer wieder an der Konstanz. Zu selten schaffte man es, mal dauerhaft über 60 Minuten sein Spiel durchzuziehen. Was aber im Vergleich zur Vorsaison nicht so schlimm war, denn die Mannschaft blieb dennoch stets ruhig und geduldig, fand so sehr oft dennoch einen Weg, um die Spiele siegreich zu gestalten. Ein Zeichen der unglaublichen Moral und des unbändigen Willens innerhalb dieses Teams.
Und doch gab es auch kleinere Aussetzer wie das 3:7 in Mannheim, was für jeden Eisbären-Fan sehr schmerzhaft gewesen war. Es war eben nicht alles so gut in dieser Saison. Auch defensiv hatte man Spiele dabei, wo Trainer Serge Aubin gar nicht mehr hingucken wollte. Anfang Dezember kassierte man gegen Wolfsburg, Köln und in Schwenningen drei Niederlagen am Stück und fing sich satte 15 Gegentore ein. Doch auch in den Heimspielen gegen Köln und Wolfsburg wäre da wieder die Geschichte mit der Moral zu erzählen, denn trotzdem schafften es die Berliner, in beiden Spielen jeweils noch einen Punkt mitzunehmen. Weil sie eben nie aufgaben, immer bis zum Schluss kämpften und so manch wertvollen Punkt doch noch ergatterten.
Die einzige Enttäuschung zu Hause war eigentlich das 1:5 eine Woche vor Weihnachten gegen die

Die Eisbären Berlin hatten sehr oft allen Grund zum Jubeln vor der Fankurve. (Foto: eisbaerlin.de/Jasmin und walker)

Krefeld Pinguine, als die Mannschaft nicht wiederzuerkennen war. Vor allem deswegen, weil drei Tage später die Adler Mannheim mit dem selben Ergebnis zurück in die Kurpfalz geschickt wurden. Aber auch dafür hatten die Eisbären eine Erklärung, denn man gehe natürlich mit einer anderen Anspannung in Spiele gegen die Top-Teams als in Spiele gegen die vermeintlichen kleinen Teams.
Und so ging die Hauptrunde munter weiter, Siege und Niederlagen wechselten sich immer wieder ab, so eine richtige Sieges- oder Niederlagenserie kam auch nicht zu Stande. Weil die Eisbären immer wieder punkteten und die Top-Drei oben im späteren Saisonverlauf zu schwächeln begann, bot sich den Berlinern Ende Januar die dicke Chance auf Platz Drei. Im direkten Duell gegen Straubing hätte man denen noch näher auf die Pelle rücken können, doch am Ende verlor man mit 1:2.
Aber nach dieser Niederlage starteten die Hauptstädter ihre längste Siegesserie der Hauptrunde, gewannen fünfmal in Folge und bewiesen während dieser einmal mehr ihre unglaubliche Moral. Immer wieder fanden sie einen Weg, Spiele zu gewinnen. Auch ein Verdienst des neuen Trainers Serge Aubin, der aus den Eisbären wieder ein Top-Team geformt hat. Und dieses hat er am Ende der Hauptrunde bekanntlich bis auf Platz Vier und dem Heimrecht im Viertelfinale geführt.
Die Geschichte weiterschreiben konnte er aber nicht mehr, denn der Coronavirus stoppte mit sofortiger Wirkung den Spielbetrieb in der DEL. Dabei wäre es sehr spannend gewesen, den weiteren Werdegang dieses Prozesses, wie ihn Chefcoach Serge Aubin immer wieder genannt hatte, zu verfolgen. Zwar hatte man mit der DEG einen dicken Brocken als Gegner vor der Brust, doch gelten in den Playoffs immer eigene Gesetze. Und dieser Truppe wäre in den Playoffs einiges zuzutrauen gewesen. Vielleicht sogar der Griff nach dem achten Stern. Leider werden wir nie erfahren, wie dieses Kapitel ausgegangen wäre.

Und dennoch kann man voller Stolz auf diese Hauptrunde zurückblicken. Serge Aubin hat die Freude am Eishockey zurück nach Berlin gebracht. Er hat die Eisbären Berlin wieder zurück in die Erfolgsspur geführt und das unter gar nicht so einfachen Bedingungen. Denn die Kritik am Richer-Kumpel war eingangs der Saison sehr groß gewesen, aber er hat es am Ende allen Kritikern gezeigt und die Eisbären auf Platz Vier geführt und zur direkten Viertelfinal- und CHL-Qualifikation. Und das in einer Saison des großen Umbruchs in Berlin.

Spielte mit 49 Scorerpunkten und 23 Toren die Saison seines Lebens: Marcel Noebels (Foto: eisbaerlin.de/Jasmin und walker)

Doch mal abgesehen von der Torhüterposition haben die Verantwortlichen der Eisbären richtig gute Arbeit im Sommer 2019 geleistet. Sie haben wieder eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt, die in den Playoffs ein Wörtchen hätte mitreden können. Sie haben das Team gezielt verstärkt und somit dem Kader mehr Tiefe verliehen. Waren die Eisbären in der Vergangenheit meist von einer Reihe abhängig, so waren es in diesem Jahr gleich vier Reihen, die ein Spiel hätten entscheiden können. Dennoch gab es auch in dieser Saison die eine Top-Reihe, nämlich die von James Sheppard, Leo Pföderl und Marcel Noebels (siehe Foto links). Letzterer spielte mit 49 Scorerpunkten (23/26) die Saison seines Lebens. Und genau deswegen bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen der Eisbären nicht erneut einen Fehler machen, in dem sie den Vertrag von James Sheppard nicht verlängern. Mit dieser Top-Reihe ist in der nächsten Saison alles möglich. Wenn man natürlich auch dann wieder über diese Tiefe im Kader verfügen wird. So viel dürfte sich nach dieser Saison eigentlich nicht ändern. Man wird den Kader wohl wieder punktuell verstärken und schauen, wo man noch Handlungsbedarf hat.

Dabei steht an erster Stelle sicherlich die Torhüterposition, denn diese war die einzige, wo den Eisbären nicht der Glücksgriff gelungen ist. Weder Sebastian Dahm noch Justin Pogge konnten vollends überzeugen, was aber sicherlich auch am sehr großen Schatten der beiden ehemaligen Goalies Rob Zepp und Petri Vehanen liegt. Die Eisbären haben nach wie vor noch nicht den Nachfolger für die beiden Top-Goalies gefunden. Bisher, denn ab der kommenden Saison könnte ja Mathias Niederberger wieder zwischen den Pfosten des Eisbären-Käfigs stehen. Und dann hätte man endlich wieder einen absoluten Top-Goalie, wenn nicht sogar den besten in der DEL.

Ansonsten bleibt abzuwarten, wo die Verantwortlichen der Eisbären Handlungsbedarf sehen, sowohl in der Defensive als auch Offensive. Wie geht es mit Florian Busch und Sean Backman weiter, werden wir sie überhaupt noch einmal auf dem Eis sehen. Was wird aus André Rankel, Constantin Braun, Frank Hördler und Co?
Was für mich während der Saison immer wieder unverständlich war, war die Kritik an Florian Kettemer. Ja, „Ketti“ hatte in der vergangenen Saison mit zehn Toren und neun Vorlagen voll eingeschlagen, kam in dieser Saison aber nur noch auf ein Tor und 13 Vorlagen. Was aber auch nur daran lag, dass er im System von Serge Aubin eine vollkommen andere, defensivere Rolle eingenommen hatte und somit klar war, dass er nicht wieder so viele Tore schießen würde. Das haben viele leider vergessen, als sie der Meinung waren, Kettemer könne gehen. Ihn werden wir hoffentlich auch in der nächsten Saison noch in Berlin sehen.

Und dann wäre da natürlich noch Lukas Reichel. Was passiert im NHL-Draft? Wird er seine Chance in

War die Entdeckung der Saison: Youngster Lukas Reichel (Foto: eisbaerlin.de/Jasmin und walker)

der NHL bekommen? Und diese nutzen? Zu wünschen wäre es ihm und das Potential für Übersee hat er allemal. Und bei den anderen Youngsters um Sebastian Streu und Fabian Dietz bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen diese Talente nicht schon wieder vergraulen werden.

Aus meiner Sicht besteht nicht so viel Handlungsbedarf im Kader, aber an kleinen Stellschrauben kann schon gedreht werden. Weg vom Kaderpersonal hin zu einem Thema, was die Eisbären auch schon die letzte Saison begleitete. Die mangelnde Disziplin und die zu vielen Strafzeiten hat man nach wie vor nicht in den Griff bekommen. Daran muss man dringend arbeiten, denn auf der Strafbank gewinnt man eben keine Spiele. Wenn gleich es eine gute Übung für das Penaltykilling war, denn dort stellte man in der abgelaufenen Saison das zweitbeste Unterzahlspiel. Dafür war man im Powerplay das drittschlechteste Team, auch da gab es also keine Veränderung im Vergleich zu den Vorjahren. Auch daran muss man im Sommer arbeiten.

Viele Tore konnte der viertbeste Angriff der Liga in dieser Saison bejubeln. (Foto eisbaerlin.de/Jasmin und Netti)

Ansonsten bleibt im Vergleich zur Vorsaison festzuhalten, dass man sich fast ausnahmslos verbessert hat. Man erzielte 23 Tore mehr und kassierte dafür 20 Gegentreffer weniger. Statt dem viertschlechtesten Angriff und der neuntbesten Defensive im Vorjahr stellte man nun den viertbesten Angriff und die fünfbeste Defensive der Liga. Nach 26 Siegen und 26 Niederlagen in der Vorsaison standen nun 32 Siege und nur 20 Niederlagen zu Buche, davon fünf erst in der Verlängerung oder im Penaltyschießen. Zu Hause gewann man 18-mal und somit viermal mehr als letzte Saison, auswärts standen 14 Siege und damit zwei mehr als im Vorjahr zu Buche. In der Vorsaison trafen sieben Spieler zweistellig, diese Saison waren es neun. Im Vorjahr waren Jamie MacQueen mit 21 Toren und Marcel Noebels mit 25 Vorlagen die besten Spieler in der jeweiligen Kategorie. Dieses Jahr war Marcel Noebels mit 23 Toren der Top-Torschütze der Eisbären und Ryan McKiernan mit 29 Vorlagen der beste Torvorbereiter. Marcel Noebels verbesserte seine Statistik aus dem Vorjahr um satte 15 Scorerpunkte (14 Tore/ein Assist mehr). In der letzten Saison kamen vier Spieler auf 30 und mehr Scorerpunkte, in dieser Saison waren es sieben Spieler, zwei davon kamen sogar auf 40 und mehr Scorerpunkte.

Auch daran sieht man also, dass die Eisbären Berlin in der abgelaufenen Saison einen großen Schritt nach vorne gemacht haben und sich im letzten Sommer sehr gut verstärkt haben. Daran muss man in der viel zu früh begonnenen Sommerpause nun anknüpfen und erneut eine schlagkräftige Truppe zusammenstellen, die dann ab September wieder den Angriff auf den achten Stern startet. Viel ändern muss man ja eigentlich nicht, nur punktuell wird es Veränderungen geben. Von drei bis fünf Neuzugängen ist zu hören. Diesmal sollte es eigentlich auch nicht die Probleme zu Saisonbeginn geben, wie es in diesem Jahr der Fall war. Denn dann ist der Trainer und dessen System nicht mehr neu und auch die Spieler kennen sich fast alle schon wesentlich besser als in diesem Jahr.

Bis es aber so weit ist und wir wieder in die Arenen des Landes dürfen und unserem Lieblingssport

Hoffen wir, dass wir bald wieder in die Arena am Ostbahnhof gehen dürfen. (Foto: eisbaerlin.de/Jasmin und walker)

zuschauen können, müssen wir mindestens noch bis September warten. Dann soll die neue Saison in der DEL beginnen. Wenn wir bis dahin den Coronavirus in den Griff bekommen haben. Denn auch am Ende dieses Saisonfazits will ich nochmal darauf hinweisen, dass Eishockey die schönste Nebensache der Welt ist und wir uns sehr gerne immer wieder über Siege, Punkte und Meisterschaften unseres Teams freuen. Aber der größte Schatz, den wir alle haben, ist unsere Gesundheit und diese ist durch nichts zu ersetzen. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir alle unbeschadet durch diese Zeit kommen und uns dann alle gesund und munter im September in der Arena am Ostbahnhof wiedersehen werden!

An dieser Stelle auch mal ein Riesengroßes Dankeschön an Jasmin für die vielen tollen Übersetzungen der englischen Interviews in der Mixed Zone und die Bearbeitung der Spielbilder. Und auch ein Riesengroßes Dankeschön an Steffi, die für Euch in dieser Saison auch den ein oder anderen Spielbericht verfasst hat. Auch Ihr habt großartige Arbeit geleistet, vielen lieben Dank dafür!

Bleibt mir noch Euch Danke zu sagen für Eure Treue während der abgelaufenen DEL-Saison. Ich hoffe, Ihr kommt alle gut durch diese schwere Zeit und dann würde ich mich riesig freuen, Euch ab September wieder als treue Leser begrüßen zu dürfen!