Die Eisbären Berlin waren auf einem guten Weg. Dachte man jedenfalls. Vor der Partie gestern Nachmittag bei den Grizzly Adams Wolfsburg hatten die Berliner drei Spiele in Folge und vier der letzten fünf Spiele gewonnen. Man hatte gedacht, dass man die Krise nun endlich überwunden hatte und es fortan aufwärts gehen würde. Auf dem Eis sah man auch schon Verbesserungen in den letzten Spielen, wenn gleich natürlich weiterhin noch viel Luft nach oben bestand. Gestern trat man dann mit viel Selbstvertrauen in Niedersachsen beim Lieblingsgegner Wolfsburg an. An jenem Ort, wo man neun der letzten zehn Gastspiele gewann. Dementsprechend erwartungsgemäß fuhr man in die Autostadt, unterstützt von rund 1000 Eisbären-Fans, die natürlich auch auf einen Sieg ihrer Mannschaft hofften.
Doch es sollte am Ende ganz anders kommen als gedacht. Die Hauptstädter kamen in der Volksbank BraWo EisArena mit 0:8 unter die Räder und mussten damit die höchste Niederlage in der DEL seit der Saison 2000/2001 hinnehmen. Damals unterlagen die Eisbären mit 2:9 bei den Augsburger Panthern. Langjährige Berliner Fans, die auch schon die schwierigen Zeiten damals mitgemacht hatten, fühlten sich an die längst vergessenen Jahre erinnert, als die Eisbären die Schießbude der Liga waren. Da musste man desöfteren mit solchen Niederlagen rechnen. Aber in den letzten Jahren hatten sich die Eisbären zu einer Spitzenmannschaft entwickelt, der man so eine Niederlage mit dem vorhandenen Personal nicht wirklich zugetraut hätte.
Doch gestern gab es nun dieses Debakel, welches definitiv nicht schön zu reden ist. Gestern hatte die gesamte Mannschaft auf ganzer Linie versagt. Trainer Jeff Tomlinson mit Erklärungsversuchen nach der 0:8-Pleite:
Die ganze Mannschaft war heute nicht anwesend. Das war peinlich, wir müssen uns schämen. Vielleicht haben wir nach den Erfolgen zuletzt gedacht, das läuft schon irgendwie von selbst.
Es scheint fast so, als ob die letzten Erfolge über den wirklichen Leistungsstand der Eisbären Berlin nur hinweg getäuscht haben. Denn die Krise, die man eigentlich dachte, beendet zu haben, ist längst nicht vorbei. Viel mehr wurde diese gestern noch einmal deutlich verschlimmert. Denn ein 0:8 ist eines Deutschen Meisters, ja eines DEL-Rekordmeisters, einfach nur unwürdig.
Die Mannschaft hatte zwar gut angefangen, doch spätestens der Dreierpack der Grizzlies innerhalb von 182 Sekunden im Auftaktdrittel brachte die Berliner völlig von der Rolle. Tomlinson nahm nach dem 0:3 seinen Stammgoalie Rob Zepp vom Eis. Dieser war sichtlich bedient nach den drei schnellen Gegentreffern. Doch auch sein Back-up Sebastian Elwing wurde von den Wolfsburgern nicht verschont. Er musste bei seinem ersten Saison-Einsatz gleich fünf Mal hinter sich greifen.
Aber man kann den Torhütern wohl am wenigsten einen Vorwurf machen. Denn sowohl Zepp als auch Elwing wurden von den Vorderleuten komplett allein gelassen. Den Wolfsburgern wurde das Toreschießen sehr einfach gemacht. Und die Hausherren nahmen das natürlich dankend an und spielten sich in einen Rausch. Wenn die Mannen von Pavel Gross nicht einen Gang raus genommen hätten nach dem 8:0 wäre es wohl zweistellig geworden.
Es war nicht das erste Mal in dieser Saison, dass die Mannschaft eigentlich gut beginnt, dann aber völlig den Faden verliert und danach planlos übers Eis schlittert. Bestes Beispiel war da die 3:5-Niederlage vor kurzem in München, als man die Gastgeber zehn Minuten lang an die Wand spielte und 2:0 führte. Nach zehn Minuten hörte man einfach auf mit dem Eishockey spielen. Ein fataler Fehler, vor allem in dieser so ausgeglichenen und unberechenbaren Liga.
Doch woran liegt es, dass die Mannschaft derzeit einfach zu schlecht ist? Jetzt die ganze Schuld auf den Trainer zu schieben, ist aus meiner Sicht falsch. Klar, auch Jeff Tomlinson hat seinen Anteil an der Krise. Aktuell wirkt er ratlos, wie er das Team aus der Krise führen soll. Doch es sind die Spieler auf dem Eis, die in dieser Saison zum Großteil komplett enttäuschen. Wenn man teilweise in einem Spiel gut spielt, danach aber völlig den Faden verliert, kann es nicht die Schuld vom Trainer sein. Er ist zwar für die Einstellung der Mannschaft zuständig, aber wenn diese seinen Plan für kurze Zeit umsetzt, danach aber wieder nur lustlos übers Eis schlittert, kann wohl auch ein Jeff Tomlinson nichts mehr dafür.
Es scheint mir fast so, als ob die Spieler nach den drei Meisterschaften in Folge einfach satt sind. Anscheinend will man keinen Erfolg mehr haben. Oder aber man denkt sich angesichts der drei Titel in Serie, na dass wird schon werden, wir sind stark genug, um im April wieder den DEL-Pott in die Höhe zu stemmen. Doch so ein Denken wird in dieser Liga bestraft. Denn wenn es so sein sollte, wäre es schon sehr arrogant von der Mannschaft. Aber ich tippe viel mehr darauf, dass die Jungs einfach keine Lust haben. Wenn dem so wäre, dann sollten sie aber bitte das Eisbären-Trikot ausziehen, denn so ein Auftritt ist einer Eisbären-Mannschaft unwürdig.
Da rennen viele auf dem Eis rum, denen man die Lustlosigkeit deutlich ansieht. Jimmy Sharrow und Darin Olver fallen mir da als Erstes ein. Aber wenn man ehrlich ist, zeigt in dieser Saison bisher nur Goalie Rob Zepp seine Best-Form. Er hat die Mannschaft schon so oft in dieser Saison im Spiel gehalten. Aber er alleine kann eben keine Spiele gewinnen. Er braucht mehr Unterstützung von der Mannschaft. Doch wenn diese in dieser Saison nur 20, 30 Minuten mit voller Konzentration spielt, wird das in dieser Saison nichts mit der Play-Off-Teilnahme. Dann sehe ich sogar für die Pre-Play-Off-Teilnahme schwarz.
Es ist ja nicht so, dass ich mit Niederlagen nicht umgehen kann. Ich persönlich habe nichts gegen Niederlagen, stehe auch zur Mannschaft in schweren Zeiten. Aber wenn man ein Spiel verliert, sollte doch zumindestens die Leistung der eigenen Mannschaft stimmen. Und wenn man ein Spiel mit 0:8 verliert, dann grenzt das für mich schon an Arbeitsverweigerung. Dieses Debakel sollte die Mannschaft aufgeweckt haben, dass es so einfach nicht weiter gehen kann. Doch ich befürchte, dass wir nun nur wieder zu hören bekommen, dass man ja wüsste, woran es liegt und dass man die Fehler in Zukunft abstellen werde. Aber ich denke mal, dass es wieder nur bei den Worten bleiben wird und man die Taten nicht wirklich folgen lässt. Daher kann ich der Aussage von Kapitän André Rankel auch keinen Glauben schenken:
Wir sind nach Wolfsburg gefahren, um drei Punkte mitzunehmen. Doch was wir dann gespielt haben, war nicht akzeptabel. Nach der Länderspielpause wird man andere Eisbären sehen.
Viel mehr befrüchte ich, dass es so weiter gehen wird, wie bisher. Die Mannschaft der Eisbären ist in der jetzigen Form einfach nicht stark genug, um mit der Spitze mitzuhalten. Wenn sich nichts ändert, wird man es in dieser Saison schwer haben, sich für die Pre-Play-Offs zu qualifizieren. Denn so wie es jetzt aussieht, wird man bis Ende der Hauptrunde da unten bleiben und verbissen um Platz Zehn kämpfen.
Manager Peter John Lee sollte vielleicht noch einmal darüber nachdenken, ein oder zwei Spieler nachträglich zu verpflichten. Zwei erfahrene Spieler wenn möglich, welche die jungen Spieler führen können. Denn aktuell sehe ich keinen wirklichen Führungsspieler im Team des DEL-Rekordmeisters. Auch nicht Kapitän André Rankel, der in dieser Saison schon mit einer Aussage für Verwunderung sorgte, als er nach einem Auswärtsspiel meinte, warum er denn den Mund als Kapitän aufmachen sollte in der Kabine, da würden schließlich auch noch zehn andere Leute sitzen. Es war nur ein weiteres Zeichen für die Verunsicherung in der gesamten Eisbären-Mannschaft.
In der Länderspielpause sollten die Jungs nun einmal ihre bisher gezeigten Leistungen in der DEL-Jubiläumssaison Revue passieren lassen. Ich denke, dass alle am Ende auf ein Ergebnis kommen müssten – mit Ausnahme von Rob Zepp. Zufrieden dürfte nämlich keiner sein. Viel mehr haben alle Spieler noch deutlich Luft nach oben, jeder muss noch deutlich zwei, drei Schippen drauf packen, um bei seiner eigentlichen Normalform anzukommen. Man ist zwar noch früh in der Saison, aber wenn sich nicht schleunigst etwas ändert, rückt Platz Sechs immer weiter weg. Und aktuell scheint mir Platz Sechs mit den gezeigten Leistung eh unmöglich. Man sollte in Berlin umdenken und vielleicht sich erst einmal darauf einigen, die Pre-Play-Offs als Ziel zu haben. Wer höhere Ansprüche haben will, sollte auch dementsprechend Leistung zeigen. Und diese lässt die Mannschaft in dieser Saison sehr oft vermissen.