In der neuen Saison der Deutschen Eishockey Liga (DEL) sind inzwischen neun Spieltage absolviert. Für DEL-Rekordmeister Eisbären Berlin verlief der Start denkbar schlecht. Nur drei Siege gelangen in den ersten neun Spielen. Mit acht Punkten steht man aktuell auf dem vorletzten Tabellenplatz. Zuletzt setzte es sechs Niederlagen in sieben Spielen. In Berlin hinkt man derzeit den eigenen Ansprüchen meilenweit hinter her. Am Wochenende droht sogar der Sturz ans Tabellenende, wenn man am Freitag in Augsburg verlieren und gleichzeitig Düsseldorf gewinnen sollte.
Dass es eine schwere Saison werden würde, war allen klar gewesen. Mit Don Jackson hat der erfolgreichste Coach der Vereinsgeschichte den Verein verlassen. Sein Nachfolger wurde Jeff Tomlinson, der bei seiner letzten Trainerstation in Nürnberg entlassen wurde. Die ersten Rufe nach einer Trainernetlassung werden derweil in Berlin auch schon wieder laut. Viele Fans sehen in Tomlinson den Schuldigen für die aktuelle Krise bei den Eisbären. Doch Verteidiger Frank Hördler sieht das nicht so, viel mehr ist er mit der bisherigen Arbeit von „Tommer“ zufrieden:
Wir haben im Augenblick so eine Phase, in der wir das Tor nicht treffen. Da müssen wir durch. Ich bin mir sicher, dass die Pucks irgendwann wieder reingehen werden. Vielleicht wollen wir vor dem Tor ein wenig zu kreativ sein. Wir verstehen, was der Trainer will. Er hat ein paar Sachen im System verändert. Das braucht Zeit.
Es ist der übliche Werdegang im Sport. Wenn es bei einem Verein nicht läuft, ist der Trainer der Erste, der gehen muss. Jüngstes Beispiel ist Michael Wiesinger in der Fussball-Bundesliga, der nach einer 0:5-Niederlage des 1. FC Nürnberg gegen den Hamburger SV entlassen wurde.
Aber ich würde die ganze Schuld nun nicht gleich Jeff Tomlinson geben. Klar, er ist dafür verantwortlich, wie die Jungs auf das Eis gehen. Er muss sie richtig einstellen und motivieren für die bevorstehenden Aufgaben. Doch auf dem Eis sind es letztendlich die Spieler, die die Leistung bringen müssen. Und da kommt bisher eindeutig zu wenig. Von Barry Tallackson, Darin Olver, T.J. Mulock, Jimmy Sharrow und Co. ist in dieser Saison nicht viel zu sehen. Statt als Mannschaft gemeinsam zusammen zu spielen, verrennen sich die Spieler meistens in Einzelaktionen, die nur äußerst selten Erfolg bringen. Nichts ist zu sehen von der so einst gefürchteten Offensive. Mit aktuell 17 Treffern hat man den zweitschlechtesten Angriff der Liga. Düsseldorf hat drei Treffer weniger als die Eisbären erzielt, aber auch ein Spiel weniger absolviert.
Jeff Tomlinson äußerte sich zur Frage, warum die Angreifer die Gefahrenzone meiden, gegenüber der Berliner Morgenpost wie folgt:
Weil die Verantwortung in einer Situation, in der wir uns befinden, gern abgegeben wird. Normal sollten wir viele Pucks zum Tor bringen, so wie Mannheim das vorgemacht hat. Bei uns trauen sich die Spieler das gerade nicht, weil jeder denkt, er schießt sowieso kein Tor. Keiner will einen Fehler machen.
In so einer schiwerigen Situation ist nun natürlich Jeff Tomlinson gefragt. Er muss versuchen, die Jungs zurück in die Erfolgsspur zu bringen. Wie er das schaffen will, verriet er auch:
Es gibt den Moment und es gibt das große Bild. Als Trainer muss man beides sehen. Das große Bild ist: Es gibt schlechte Phasen in jeder Saison, und ich hoffe, dass unsere jetzt fast durch ist. Im Moment müssen wir aber Lösungen finden. Wir haben die Verantwortung, den Spielern ein paar Antworten zu geben und ihnen zu helfen. Und wir müssen diejenigen, die kämpfen, genügend anspornen, damit sie nicht aufgeben. Wenn ein Torjäger keine Tore schießt, weiß er nicht mehr, wie er helfen kann. Dagegen ist mit netten Worten schwer anzukommen, um das Selbstvertrauen wieder aufzubauen, helfen nur Tore. Wenn die Freude am Spiel zurückkehrt, lässt auch die Verkrampfung nach, die sich mit jedem Spiel ohne Treffer steigert. Ich muss die Jungs jetzt laufen lassen, ihnen die kindliche Freude am Spielen wiederbringen, ich werde ihnen Freiraum geben.
Doch man sollte nicht alles schlecht reden in der aktuellen sportlichen Krise. Denn es gibt auch einige wenige Lichtblicke. So zum Beispiel Torhüter Rob Zepp, ohne den die Eisbären wohl so manches Spiel sehr hoch verloren hätten. Er hat seine Mannschaft zuletzt mehrfach vor zu hohen Niederlagen bewahrt und sie ständig im Spiel gehalten, ihr somit die Chance gegeben, das Spiel doch noch zu gewinnen. Aber wenn es vorne nicht läuft, die Stürmer eine Blockade vor dem gegnerischen Tor haben, hilft auch der beste Torhüter nichts.
Bei den Spielern muss man zwei heraus heben. Neuzugang Shawn Lalonde und Laurin „Lolle“ Braun. Beide haben bisher drei Treffer erzielt und drei weitere Treffer vorbereitet. Die Beiden sind damit die Top-Scorer der Eisbären. Doch auch hier gilt dasselbe wie bei Rob Zepp, wenn keine anderen Spieler mitziehen, wird es schwer, Erfolg zu haben.
Für die Eisbären Berlin ist es die schwerste Zeit seit der Saison 2006/2007. Damals kassierten die Berliner unter Coach Pierre Pagé sogar acht Niederlagen in Folge. Am Ende einer Katastrophen-Saison schied man in den Pre-Play-Offs gegen die Frankfurt Lions in drei Spielen aus, wobei man das dritte Spiel in Frankfurt sang- und klanglos mit 0:6 verlor. Es war das letzte Spiel von Pierre Pagé als Trainer der Eisbären.
Für Jeff Tomlinson ist so ein schlechter Start nichts Neues. Bei seinen bisherigen DEL-Stationen als Trainer kamen seine Mannschaften nie gut aus den Startlöchern. Mit Düsseldorf holte er in der Saison 2010/2011 aus den ersten zehn Spielen nur elf Punkte und war Tabellenvorletzter. Am Ende der Hauptrunde stand die DEG auf Platz Zwei.
Eine Saison später waren es für Düsseldorf nach den ersten zehn Spielen nur zehn Punkte und Platz Zwölf. Am Ende der Hauptrunde belegte man den siebten Platz.
Und in der letzten Saison startete Nürnberg mit Tomlinson als Coach mit fünf Siegen und fünf Niederlagen in die Saison. Mit 16 Punkten standen die Franken damals nach zehn Spieltagen auf dem 7. Platz. Im Dezember wurde „Tommer“ dann nach einer anhaltenden Niederlagenserie in Nürnberg entlassen.
Angst vor einer Entlassung in Berlin hat Jeff Tomlinson aber derzeit nicht:
Nein, dann würde mir die Energie fehlen, meine Arbeit zu machen. Ich weiß, dass die Spieler Vertrauen haben in mich, sie hören mir zu. Peter hat Vertrauen. Das ist für mich wichtig. Unser großes Ziel ist nicht geplatzt wegen dieser schlechten Phase. In Düsseldorf hatte ich in meiner ersten Saison auch so eine Phase, dort wurde das Vertrauen belohnt. Von den ersten elf Spielen verloren wir sieben, am Ende wurden wir Zweiter. Wir müssen jetzt kleine Schritte machen, weil alles so komplex ist.
Dem Trainer und auch den Spielern sind die Fehler bekannt, die man in den letzten Spielen gemacht hat. Sie wissen, weshalb es derzeit überhaupt nicht gut läuft. Die Spieler reden auch immer davon, dass man die Fehler kennt, sie abstellen will und es im nächsten Spiel besser machen will. Nun ist es aber an der Zeit, dass den Worten auch mal Taten folgen. Wir sind zwar noch sehr früh in der Saison, aber je länger die Krise andauert umso schwerer wird es später, sich wieder nach oben zu kämpfen. Auf einen Platz, der den eigenen Ansprüchen genügt. Und das sind nun einmal die ersten vier Plätze. Da wollen die Eisbären am Ende der Hauptrunde stehen, um im Viertelfinale Heimrecht zu haben.
Vielleicht hilft ja auch ein neuer Spieler der Mannschaft, wieder zurück in die Erfolgsspur zu finden. Denn die Rufe nach Verstärkung werden immer lauter, weil viele Experten und auch einige Fans halten den Kader für zu dünn, um am Ende ein Wörtchen im Meisterkampf mitzureden. Doch auch zum Thema Neuzugänge hat Tomlinson seine eigene Meinung:
Mit Manager Peter John Lee habe ich noch nicht über neue Spieler gesprochen. Er macht sich darüber ab und zu Gedanken, aber ich als Trainer möchte lieber unsere guten Spieler wieder in die Spur bringen.
Was die Mannschaft aber in jedem Fall gerade jetzt braucht, sind die eigenen Fans. In dieser schweren Zeit müssen wir die Mannschaft nach allen Kräften unterstützen. Denn nur gemeinsam sind wir stark und nur gemeinsam kann man aus dieser sportlichen Krise heraus kommen. In diesem Sinne:
Gemeinsam. Lautstark. NUR DER EHC.